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Schmerzen beim Hund erkennen. Hunde empfinden Schmerzen, genau wie wir Menschen. Und wir tun alles dagegen, damit unser Vierbeiner nicht leiden muss, wenn er sie zeigt. Doch Schmerzen beim Hund zu erkennen, ist nicht immer einfach und oft werden sie übersehen. Wir helfen dir, besser einzuschätzen, ob dein Hund unter Schmerzen leidet, und wie du ihm helfen kannst.
Was sind Schmerzen eigentlich?
Schmerzen sind beim Menschen definiert als ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, sie können also körperlich und seelisch empfunden werden. Allerdings ist es bei Hunden bisher nicht erforscht, inwiefern sie emotionalen Schmerz empfinden. In diesem Artikel geht es daher immer um den körperlichen Schmerz, wenn von Schmerzen die Rede ist.
Schmerzen sind ein Warnsignal vom Körper, wenn ein Gewebeschaden möglich ist oder tatsächlich eintritt. Auslöser von Schmerzen können äußere Faktoren (z.B. Kälte, Hitze oder Verletzungen) und innere Vorgänge (z.B. Entzündungen oder Störungen des Nervensystems) sein. Schmerzen können akut auftreten oder chronisch, also längerfristig vorhanden sein.
Das Schmerzempfinden wird ausgelöst, wenn sogenannte Schmerzrezeptoren aktiviert werden. Diese Rezeptoren befinden sich fast überall im Körper und reagieren auf Temperatur, Druck, Dehnung und Verletzung. Besonders schmerzempfindlich ist die äußere Haut. Das Gehirn und viele innere Organe enthalten zwar keine Schmerzrezeptoren, sind aber von schmerzempfindlichen Häuten umgeben. Deshalb wird eine Schwellung der Organe oder Verletzung ihrer Oberfläche trotzdem als Schmerzen wahrgenommen.
Empfindet jeder Schmerzen gleich stark?
Wie stark Schmerzen empfunden und gezeigt werden, ist individuell sehr unterschiedlich. Viele Jagdhundrassen etwa scheinen zuchtbedingt Schmerzen besser zu ertragen oder zumindest weniger zu zeigen. Schließlich ist es ihre Aufgabe, mit beim Jagen auftretenden Schmerzen umgehen zu können, etwa wenn sie mit etwas zusammenprallen oder vom Beutetier verletzt werden. Außerdem kann die Ausschüttung von Adrenalin das Schmerzempfinden verringern. So wird ein Hund, der sich bei Jagd oder intensivem Spiel verletzt, dies vielleicht erst Stunden später zeigen, wenn er sich beruhigt hat.
Gut zu wissen: Nur, weil dein Hund also keine (offensichtlichen) Anzeichen für Schmerz zeigt, bedeutet dies nicht, dass er keine Schmerzen hat.
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Wie verhalten sich Hunde, wenn sie Schmerzen haben?
Es gibt keine allgemeingültige Regel, woran Schmerzen bei Hunden erkennbar sind. Am häufigsten stecken Verletzungen und Entzündungen dahinter. Da fast alle Organe und Körperstrukturen Schmerzrezeptoren enthalten, gibt es vielfältige Verhaltensweisen und körperliche Symptome, die auf Schmerzen hindeuten. Nicht immer sind diese Anzeichen offensichtlich oder sie werden z.B. als „normale Alterserscheinungen“ eingeordnet.
Ein relativ sicherer Hinweis auf das Vorhandensein von Schmerzen ist das sogenannte Schmerzgesicht. Bei einem Schmerzgesicht sind die Augen entweder starr und weit aufgerissen oder bei gerunzelter Stirn zusammengekniffen. Die Ohren sind angespannt oder flach am Kopf angelegt. Das Gesicht wirkt generell verspannt, die Maulspalte ist nach hinten gezogen und es bilden sich Falten hinter den Mundwinkeln. Hechelt der Hund, hängt die Zunge nicht locker aus dem Maul, sondern ist löffelförmig bzw. an den Seiten leicht eingerollt. Starke Schmerzen im Bewegungssystem zeigen sich zudem oft durch Lahmheiten oder das komplette Entlasten des betroffenen Beins.
Symptome bei leichteren Schmerzen sind oft subtiler und deshalb schwieriger zu erkennen. Beobachte daher regelmäßig die Bewegungsabläufe deines Hundes und mach dich mit ihnen vertraut. So fallen dir Veränderungen und somit mögliche Anzeichen für Schmerzen, die wir dir weiter unten aufgelistet haben, frühzeitig auf. Doch auch wenn dein Vierbeiner eines oder mehrere der folgenden Symptome zeigt, heißt das natürlich nicht automatisch, dass er Schmerzen hat. Wichtig ist, dass du auch die Umstände analysierst. Es ist nämlich das Gesamtbild aus Auffälligkeiten und Umständen, das uns dies verrät. Frage dich also beispielsweise, ob die Symptome nach dem Spielen mit anderen Hunden oder einem Sprint auftreten. Bedenke auch, ob dein Hund älter ist oder bereits schmerzhafte Probleme in der Vergangenheit hatte.
Veränderungen im Verhalten bei Schmerzen:
Schmatzen
Kratzen oder Lecken (bestimmter Körperstellen)
Lautäußerungen wie Schreien, Fiepen, Jaulen
verringerter Appetit
vermehrtes Ruhebedürfnis
Unruhe
weniger Interesse an Bewegung und der Umwelt
Weigerung, bestimmte Signale (Sitz, Platz) oder Bewegungsabläufe (Treppensteigen, Springen ins/aus dem Auto, Springen über Hindernisse) auszuführen
Probleme bei der Ausführung von Bewegungsabläufen (z.B. Aufstehen aus dem Körbchen)
Vermeiden von (Körper-) Kontakt
Vermeiden von Kontakt zu Artgenossen
starkes Beschwichtigungs- oder Meideverhalten
zunehmend ängstlich oder aggressiv
Augenschmerzen: Augenkneifen
Körperliche Symptome bei Schmerzen:
wiederholt starkes Hecheln, beschleunigte Atmung
Schmerzgesicht (angespannter Gesichtsausdruck, geweitete Pupillen)
Zittern
starkes Speicheln
Schweißpfoten
Gewichtszunahme oder Abnahme
Berührungsempfindlichkeit (auch bei Pflegemaßnahmen)
Fellveränderungen (an bestimmten Stellen)
Veränderungen im Gangbild (Humpeln, Stolpern, Zehenschleifen, Hoppeln)
Vermeiden bestimmter Gangarten
Unsauberkeit
Probleme beim Harnabsatz oder Stuhlgang
Rötung, Schwellung, Ausfluss (bestimmter Körperstellen)
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Die Frage ist, wann und warum der Hund schreit
Die Ursachen für Schmerzen können überall im Körper sitzen und sind vielfältig. Einige Organe bzw. Körperteile sind dabei empfindlicher als andere. Deshalb können z.B. auch kleinste Verletzungen teilweise sehr weh tun. Das macht es für uns umso schwieriger, in manchen Fällen die Ursache herauszufinden.
Häufig von Schmerzen betroffene Körperteile und -strukturen:
Haut
Wirbelsäule
Hüfte
Beine
Pfoten
Augen
Ohren
Auch unter welchen Umständen Schmerzen auftreten bzw. gezeigt werden, ist sehr unterschiedlich. Oft treten Schmerzen plötzlich auf, etwa bei Spaziergängen, dem Training oder einem Zusammentreffen mit anderen Tieren. Der Hund schreit auf und humpelt oder zittert von einem Moment auf den anderen. Doch sie können sich auch langsam entwickeln. Vor allem bei älteren Tieren sind die ersten Anzeichen nicht so deutlich und werden erst mit der Zeit immer auffälliger.
Umstände, unter denen Schmerzen häufig auftreten:
Jagd
Training (z.B. Agility)
Spielen und Raufen
mit dem Fahrrad mitlaufen
Aufstehen
Fressen
Harn- und Kotabsatz
Hund schreit im Schlaf
Schreit dein Hund im Schlaf, liegt es wahrscheinlich daran, dass er träumt. Träumende Hunde können verschiedenste Laute wie Bellen, Knurren und Jaulen von sich geben. Häufig zucken sie außerdem mit den Muskeln, bewegen die Gliedmaßen und die Augen unter den geschlossenen Lidern. Hast du das Gefühl, dass dein Hund übermäßig oder sogar schlecht träumt, kannst du ihn sanft aufwecken. Sei dabei behutsam, denn ein plötzliches Aufwachen kann deinen Hund verwirren und eine aggressive Reaktion hervorrufen.
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Kann man Schmerzen beim Hund messen?
Schmerzen sind immer eine individuelle Erfahrung. Um den Grad der Schmerzen aber immerhin abstrakt messbar und somit die Beurteilung von Schmerzen vergleichbar zu machen, wurde die sogenannte Glasgower Schmerzskala (Glasgow Composite Measure Pain Scale von J. Reid et al, 2007) mit dem Schmerz-Score für Hunde entwickelt. Sie wird vor allem im klinischen Umfeld angewendet und zum Abschätzen der nötigen Menge Schmerzmittel nach Operationen genutzt.
Um den Schmerz-Score zu ermitteln, werden die Hunde anhand von sechs Kategorien beurteilt. Innerhalb jeder Kategorie sind die Beobachtungen aufsteigend nach dem Schmerzgrad geordnet. Es muss jeweils der Punkt ausgewählt werden, der das Verhalten und den Zustand des Hundes am besten beschreibt. Am Ende werden die Punkte zusammengezählt und bilden den finalen Schmerz-Score. Je höher der Score hierbei ist, desto stärker zeigt der Hund Schmerzen. Maximal können 24 Punkte erreicht werden.
Was sind die Folgen von Schmerzen?
Schmerzen sind ein Signal vom Körper, dass etwas nicht stimmt. Werden sie nicht behandelt, können sie selbst zu einer Erkrankung werden. Werden die Schmerzrezeptoren nämlich ständig gereizt, kann der Schmerz zum Dauerzustand werden, auch wenn der ursprüngliche Auslöser bereits verschwunden ist. Das Ganze nennt sich Schmerzgedächtnis.
Außerdem können ständige Schmerzen Angst- und Aggressionsverhalten auslösen und zu körperlichen Folgeveränderungen führen. Vermeidet dein Hund aufgrund der Schmerzen bestimmte Bewegungen, macht ausgleichende Bewegungen oder nimmt eine Schonhaltung ein, entstehen auf Dauer (Muskel-) Anspannungen und Fehlbelastungen. Das schädigt Gelenke, Sehnen, Knochen und Muskeln und hat wiederum die Entstehung von Schmerzen zur Folge, die der Hund versucht auszugleichen. Ein Teufelskreis aus Schmerzen und Schmerzanpassung entsteht.
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Was tun, wenn der Hund schreit?
Schmerzen sind immer als Warnsignal des Körpers zu verstehen. Deshalb solltest du handeln, wenn du erkennst, dass dein Hund Schmerzen hat. Das ist nicht nur wichtig, um ihm Leiden zu ersparen, sondern auch, um die oben beschriebenen, langfristigen Auswirkungen auf seine Gesundheit und sein Wohlbefinden zu verhindern.
Wenn du unsicher bist, ob dein Hund Schmerzen hat, kann dir confidu weiterhelfen. Mit dem Diagnose Finder oder über einen Videoanruf mit unseren Tierärzt:innen kannst du herausfinden, ob dein Hund Schmerzen zeigt.
Hast du die Sicherheit oder auch nur den Verdacht, dass dein Hund Schmerzen hat, solltest du ihn in einer Tierarztpraxis vorstellen. Dort kann er eingehend untersucht und, wenn nötig, behandelt werden. Oft sind neben einem Abtasten der betroffenen Körperteile auch diagnostische Maßnahmen wie Röntgenaufnahmen oder Ultraschalluntersuchungen nötig. Die Behandlung richtet sich nach Art und Ausprägung der Ursache. Ein Hund mit Schmerzen sollte immer Schmerzmittel bekommen, bis das zugrundeliegende Problem verschwunden ist bzw. ihm keine Schmerzen mehr bereitet. Außerdem kann es nötig sein, das Problem chirurgisch zu versorgen. Nachdem eine tierärztliche Diagnose gestellt wurde, können auch Hundephysiotherapeut:innen oder Chiropraktiker:innen bei bestimmten Problemen unterstützend helfen.
Das Risiko, dass sich Hunde im Laufe ihres Lebens verletzen oder schmerzhafte Erkrankungen entwickeln, ist groß. Vor allem diagnostische Maßnahmen und Operationen können dann schnell ins Geld gehen. Deshalb ist es für jede:n Hundebesitzer:in ratsam, eine Tierkrankenversicherung abzuschließen. Auf diese Weise ist dein Hund abgesichert und kann die bestmögliche, tierärztliche Betreuung und Behandlung bekommen, die er benötigt, ohne dass das Budget eine Rolle spielt.
Fazit
Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers. Deshalb müssen wir es ernst nehmen und handeln, wenn der Hund Schmerzen zeigt. Nur so können wir ihm Leid ersparen und schwerwiegende Folgen verhindern. Es gibt viele Symptome, die bei Schmerzen auftreten können. Je nach betroffenem Körperteil und Ausprägung des Problems, sind unterschiedliche Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen nötig.
Das confidu-Magazin wird von unseren Tierärzt:innen nach aktuellem wissenschaftlichen Standard verfasst. Die Artikel ersetzen keine tierärztliche Diagnose, sondern sollen dir Erstinformationen zu vielen Themen rund um dein Tier liefern. Bei spezifischen Fragen zu deinem Tier, beraten unsere Tierärzt:innen dich gern über die confidu App.