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Qualzucht bei Katzen - Gesundheitliche Risiken bei beliebten Rassen. Nicht alle Katzenrassen sind gesund. Sogenannte Qualzuchten sollen besonders aussehen, bezahlen ihren Look aber mit gesundheitlichen Schäden oder gestörtem Verhalten. Wir informieren über Qualzuchten bei Katzen wie z.B. Perser, Nacktkatzen (Sphynx), Manx und Scottish Fold und erklären, warum diese Rassen leiden.
Warum gibt es Qualzuchten?
„Süße Katzenbabys abzugeben!“ Hinter diesem einfachen Satz steht häufig eine ganze Industrie, die mit der Zucht unserer Haustiere Geld verdient. Viele Tierbesitzer:innen wünschen sich sehnlichst, dass ihre Haustiere genauso außergewöhnlich und einzigartig sind wie sie selbst.
Schönheit und Niedlichkeit sind schon lange nicht nur eine Frage des Betrachtens, sondern auch ein Ausdruck der Individualität und Extravaganz der Menschen hinter ihrem Tier. Deshalb sind Katzenrassen gezüchtet worden, die sehr besonders aussehen und sich deutlich von der klassischen Europäisch Kurzhaar-Katze abheben.
Was sind Qualzuchten?
Unter dem Begriff Qualzucht werden alle Züchtungen von Haustieren zusammengefasst, die Tiere mit gesundheitlichen Schäden oder Verhaltensstörungen hervorbringen. Dahinter stehen oft wirtschaftliche Motive und das Wohlergehen der Tiere rückt in den Hintergrund. Auf Deutsch: Die Katzen sehen besonders aus und lassen sich besser und für viel Geld verkaufen.
Die verschiedenen Qualzuchtmerkmale sind alle vererbt und beeinträchtigen die Katzen unterschiedlich. So sind Körperteile verformt oder fehlen ganz, was dazu führt, das die Katzen nicht ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben können. Für Menschen ohne Fachkenntnisse ist im ersten Moment meist gar nicht ersichtlich, dass die Katzen darunter leiden. Aber sie tun es.
Andere Merkmale gehen mit Gendefekten einher, die zu bestimmten Erbkrankheiten wie Taubheit oder Knorpeldefekten führen. Das beschert der Katze lebenslanges Leiden und Schmerzen.
Und es gibt ein weiteres Problem. Die Erbkrankheiten müssen nicht zwangsläufig ausbrechen, sondern können auch verborgen vorliegen. Die Katzen sind dann sogenannte Anlageträger. Vermehren sie sich, tritt das Leiden bei ihren Nachkommen oder deren Nachkommen auf.
Sind Qualzuchten nicht verboten?
Doch, sind sie theoretisch. Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet zwar mit §11 die Zucht von Tieren, denen “erblich bedingt Körperteile oder Organe fehlen, die untauglich oder verunstaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden und Schäden auftreten.” Allerdings ist dieser Paragraph recht schwammig formuliert und führte dazu, dass es in der Vergangenheit Probleme in der Umsetzung gab. Deshalb gibt es bereits seit 1999 ein Gutachten zur Auslegung von §11 des Tierschutzgesetzes, welches den Veterinärämtern auch heute noch als Orientierungshilfe dient.
Und trotzdem werden nach wie vor Qualzuchten produziert. Denn die Gesetzgebung lässt – trotz vieler positiver Rechtsprechung der letzten Jahre – immer noch viel Raum für Interpretationen.
Welche Katzenrassen sind Qualzuchten?
Das Qualzuchtgutachten von 1999 beschäftigt sich mit verschiedenen Problemen der Rassezucht und geht im Einzelnen auf viele Qualzuchtmerkmale ein. Wir erklären dir im Folgenden die verschiedenen Merkmale und warum die Katzen unter ihnen leiden.
Qualzuchtmerkmale bei Katzen:
verformte Ohren
verformte oder fehlende Schnurrhaare
Haarlosigkeit
Kurzköpfigkeit
kurzer oder fehlender Schwanz
Aufhellung der Fell- und Augenfarbe
Zwergenwuchs
Scottish Fold (links) mit Faltohren, Serhii Yushkov | shutterstock
Kipp- und Faltohren
Betroffene Rassen: Scottish Fold, Highland Fold, Pudelkatze
Einige Katzenrassen haben nach vorne oder hinten abknickende Ohrmuscheln, was ihnen einen runden Kopf mit Kindchenschema verleiht. Die verformten Ohren sind ein äußerlich sichtbares Merkmal einer Erkrankung der Knorpel und Knochen. Betroffene Rassen leiden daher u.a. an Gelenkerkrankungen, können sich im Alter zunehmend nur noch eingeschränkt bewegen und haben dauerhaft Schmerzen. Außerdem nutzen gesunde Katzen ihre Ohren als Signalgeber und zur sozialen Kontaktaufnahme. Tiere mit Knickohren können diese aber hierfür nur eingeschränkt nutzen.
Sphynx-Katze ohne Tasthaare, lukinIgor | pixabay
Verformte oder keine Tasthaare
Betroffene Rassen: Sphynx, Bambinokatze, Peterbald, Kohana, Devon Rex, Cornish Rex, German Rex
Als Qualzucht gelten Katzen, die verformte oder keine Schnurrhaare (Tasthaare, Vibrissen) besitzen. Häufig sind Nacktkatzen von diesem Defekt betroffen. Die Tasthaare dienen als Sinnesorgan zur Orientierung, Beutefang und Aufnahme sozialer Kontakte. Fehlen Katzen diese Haare, wird ihnen die Fähigkeit zur Ausübung von arttypischem Verhalten geraubt.
Sphynx-Katze, Max Simonov | unsplash
Haarlosigkeit
Betroffene Rassen: Sphynx, Bambinokatze, Peterbald, Kohana
Ein weiteres Problem ist die Nacktheit. Sie ist zwar streng genommen kein Qualzuchtmerkmal, beeinträchtigt die Katzen aber enorm. Sie haben Probleme mit der Regulation der Körpertemperatur und können leicht Sonnenbrand bekommen. Deshalb benötigen sie bei kälteren Temperaturen Kleidung, die das Fell ersetzt, damit sie keine Atemwegsinfekte bekommen. Im Sommer hingegen benötigen sie Sonnencreme.
Perserkatze mit extrem kurzer Nase und verkrusteten Augen, Touhid Arastu | unsplash
Kurzköpfigkeit
Betroffene Rassen: Perser, Exotic Shorthair
Bei Hunden wie Möpsen und Französischen Bulldoggen ist das Problem schon länger bekannt und wird in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Bei Katzen sind kurze Nasen leider noch sehr verbreitet und geduldet. Doch auch sie leiden darunter. Die ausgeprägte Verengung der Atemwege und der Tränenkanäle verursacht bei diesen Katzen eine permanente Atemnot und häufige Entzündungen der Augen. Bei kurzköpfigen Rassen treten zudem häufiger Schwergeburten auf und es gibt eine hohe Kittensterblichkeit.
Katze ohne Schwanz, spicetree687 | pixabay
Kurzer oder fehlender Schwanz
Betroffene Rassen: Cymric, Japanese Bobtail, Manx
Der Katzenschwanz ist ein wichtiges Körperteil. Die Katze nutzt ihn zum Ausbalancieren beim Laufen, Springen und Klettern und als Mittel der Kommunikation. Diese katzenspezifischen Verhaltensweisen können kurzschwänzige oder schwanzlose Katzenrassen nicht mehr ausführen. Des Weiteren kann die Schwanzverkürzung mit Missbildungen der Wirbelsäule einhergehen und extreme Schmerzen verursachen.
weiße Perserkatze mit zwei verschiedenen Augenfarben, Eak021 | shutterstock
Aufhellung der Fell- und Augenfarbe
Betroffene Rassen: Türkisch Angora, Perser, Russian White, Van
Rein weiße Katzen erhalten ihre Fellfärbung durch eine genetische Veränderung: dem sogenannten W-Locus. Er ist dafür verantwortlich, dass alle anderen Fellfarben durch Weiß überdeckt werden. Durch diesen Gendefekt treten allerdings auch Schwerhörigkeit und Taubheit auf, hervorgerufen durch Veränderungen im Innenohr. Meist haben weiße Katzen zudem blaue Augen oder werden gezielt auf zwei verschiedene Augenfarben gezüchtet. Blauäugige Katzen können schlechter in der Dämmerung sehen, wodurch sie als klassische Jäger stark eingeschränkt werden.
Katze mit verkürzten Beinen, Tran Mau Tri Tam | unsplash
Zwergenwuchs
Betroffene Rassen: Munchkin, Bambinokatze
Sogenannte Dackelkatzen sehen lustig aus, leiden aber unter Knochen- und Wirbelsäulenproblemen. Sie können sich aufgrund ihrer stark verkürzten Beine nur eingeschränkt bewegen. Außerdem sterben viele Kitten dieser Rassen bereits im Mutterleib, weil sie nicht lebensfähig sind. Die Bambinokatze vereint sogar mehrere Qualzuchtmerkmale: Sie hat kurze Beine und ist haarlos.
Fazit: Das kannst du gegen Qualzuchten tun!
Informiere dich über die gewünschte Rasse und mögliche Qualzuchten, bevor du dir eine Katze anschaffst. Wir raten dringend dazu, von Qualzuchtrassen abzusehen, um Leid zu vermeiden. Außerdem befeuert jede verkaufte Qualzuchtkatze die Nachfrage und sie werden weiterhin produziert.
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