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Gesundheitliche Probleme bei Brachyzephalie. Wer kann schon dem unwiderstehlichen Charme eines Mopses widerstehen, der mit seinem verschmitzten Blick und seinem sanften Wesen jedes Herz im Sturm erobert? Oder der Fröhlichkeit einer Französischen Bulldogge, die mit ihrem clownesken Auftreten und ihrer liebevollen Art jeden zum Lächeln bringt? Ihr einzigartiger Charakter macht sie zu wunderbaren Familienhunden, die uns mit ihrer Anhänglichkeit und Lebensfreude jeden Tag aufs Neue begeistern. Doch hinter ihrem niedlichen Äußeren verbirgt sich ein Problem, das wir nicht ignorieren dürfen: die Brachyzephalie, also die Kurzköpfigkeit.
In diesem Artikel tauchen wir gemeinsam tief in das Thema ein. Wir beleuchten, was Brachyzephalie genau bedeutet, welche Herausforderungen sie für unsere geliebten Hunde mit sich bringt und wie wir als verantwortungsvolle Hundehalter:innen unseren Lieblingen zu einem glücklichen und gesunden Leben verhelfen können.
Ist Brachyzephalie eine Krankheit?
Die Frage ist berechtigt: Ist Brachyzephalie eine Krankheit oder nur ein „besonderes“ Aussehen? Die Antwort ist komplex. Brachyzephalie selbst ist keine Krankheit, sondern eine anatomische Besonderheit. Es beschreibt eine verkürzte Kopfform, die durch gezielte Zucht entstanden ist. Leider hat diese Zucht oft negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Tiere. Viele brachyzephale Hunde leiden unter dem so genannten „Brachyzephalen Syndrom“ (auch Brachyzephales Obstruktives Atemwegssyndrom, BOAS), einer Reihe von Gesundheitsproblemen, die durch die veränderte Schädelstruktur verursacht werden. Dazu gehören Atembeschwerden, Überhitzungsprobleme, Augenprobleme und Verdauungsstörungen. Man könnte also sagen: Brachyzephalie ist keine Krankheit, aber sie ist die Ursache für eine Reihe von gesundheitlichen Problemen, die wir ernst nehmen sollten.
Historisches Hunderassenplakat von 1909
Bild: H. Sperling | Wikimedia Commons
Was ist die Ursache der Brachyzephalie?
Brachyzephalie, d.h. Kurzköpfigkeit, ist das Ergebnis gezielter Zuchtpraktiken, die im Laufe der Geschichte aus verschiedenen Gründen durchgeführt wurden. Die Ursache liegt also nicht in der natürlichen Entwicklung, sondern in einer vom Menschen beeinflussten Veränderung der Anatomie. Der Hauptgrund für die Entwicklung der Brachyzephalie ist die Zucht auf bestimmte äußere Merkmale. Durch die gezielte Verpaarung von Hunden mit kürzeren Schnauzen wurde die Schädelform im Laufe der Generationen immer kürzer. Diese Verkürzung betrifft die knöcherne Struktur des Schädels, während die Weichteile (Zunge, Gaumensegel, Nasenschleimhaut) in ihrem Wachstum nicht entsprechend reduziert wurden.
Die Zucht der Kurznasen hatte zunächst praktische Gründe. Früher wurden Hunde mit kräftigem Kiefer und kurzem Fang, wie der Bullenbeißer, für bestimmte Aufgaben gezüchtet, z.B. für die Jagd auf wehrhaftes Wild oder zum Treiben von Vieh. Ein kräftiger Biss und ein kurzer Fang sollten die Beißkraft erhöhen und das Festhalten der Beute erleichtern. Diese Eigenschaften wurden über Generationen selektiert und trugen zur Entwicklung der Kurzköpfigkeit bei. Im Laufe der Zeit wurden einige brachyzephale Rassen zu beliebten Begleithunden, vor allem in adeligen Kreisen. Dabei stand nicht mehr die Funktion, sondern das Aussehen und der Charme der Tiere im Vordergrund. Die Kurzköpfigkeit galt als niedlich und wurde daher weiter gefördert.
Im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts haben sich die Zuchtziele in vielen Fällen immer weiter von der ursprünglichen Funktion des Hundes entfernt und es kam zu einer Extremzucht. Es wurde eine immer stärkere Ausprägung der Kurzköpfigkeit angestrebt, oft ohne Rücksicht auf die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme.
Wie entsteht Brachyzephalie?
Brachyzephalie entsteht durch eine genetisch bedingte Veränderung des Schädelwachstums. Bei brachyzephalen Rassen ist das Wachstum der Schädelknochen anders reguliert als bei Hunden mit längerer Schnauze. Diese Veränderung führt zu einer Verkürzung des Schädels in der Länge, nicht aber in der Breite und Höhe. Dies hat zur Folge, dass die inneren Strukturen des Kopfes und der Atemwege (z.B. Zunge, Gaumensegel, Nasenmuscheln) in einem viel kleineren Raum untergebracht werden müssen, als es ihrer tatsächlichen Größe entsprechen würde. Dies führt zu Verengungen und Behinderungen der Atemwege. Es ist also eine Kombination aus genetischen Faktoren und gezielter Zucht, die zur Entwicklung der Brachyzephalie geführt hat.
Welche Hunderassen haben kurze Schnauzen?
Die Liste der brachyzephalen Rassen ist lang und umfasst viele beliebte Hunde:
Es gibt auch Mischlingshunde, die durch Verpaarung mit brachyzephalen Rassen Merkmale von Kurzköpfigkeit aufweisen. Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Hunde dieser Rassen unter den mit der Brachyzephalie verbundenen Gesundheitsproblemen leiden müssen, aber das Risiko ist deutlich erhöht.
Haben brachyzephale Hunde Schmerzen?
Ja, leider können brachyzephale Hunde aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten Schmerzen haben. Die Atemnot, die durch die verengten Atemwege verursacht wird, kann sehr belastend sein. Sie müssen sich oft mehr anstrengen, um genügend Luft zu bekommen. Die Folge ist eine erhöhte Atemfrequenz, die wiederum zu Erschöpfung bis hin zu Ohnmachtsanfällen führen kann. Chronische Entzündungen der Atemwege können ebenfalls Schmerzen verursachen.
Augenprobleme wie trockene Augen oder Hornhautgeschwüre, die bei brachyzephalen Hunden häufig auftreten, sind ebenfalls schmerzhaft. Es ist daher sehr wichtig, die Anzeichen von Schmerzen bei deinem Hund ernst zu nehmen und gegebenenfalls tierärztlichen Rat einzuholen.
Hunde im Vergleich: links Deutscher Schäferhund mit hundetypischer Schnauze, rechts brachyzephale Französische Bulldogge
Bild links: Summer Stock | Pexels; Bild rechts: Tim Ball | Pixabay
Wie kann ich feststellen, ob mein Hund brachyzephal ist?
Ob dein Hund brachyzephal ist, ist oft leicht zu erkennen, da es sich um ein sichtbares anatomisches Merkmal handelt. Die Feststellung, ob dein Hund an dieser Krankheit leidet, erfordert jedoch eine genauere Beobachtung und Aufmerksamkeit. Hier sind die Anzeichen, auf die du achten solltest:
1. Merkmale, die auf Brachyzephalie hinweisen:
kurze Schnauze: Das auffälligste Merkmal ist eine im Verhältnis zum Rest des Schädels deutlich verkürzte Schnauze. Die Nase erscheint "eingedrückt" oder flach.
große, hervortretende Augen: Durch die Verkürzung des Schädels erscheinen die Augen oft größer und hervortretender als bei anderen Hunden.
Falten im Gesicht: Viele brachyzephale Rassen haben ausgeprägte Falten im Gesicht, insbesondere um die Nase und die Augen.
breiter Schädel: Der Schädel erscheint oft breiter als er lang ist.
Unterbiss: Bei einigen Rassen ist der Unterkiefer leicht nach vorne verschoben, so dass die unteren Zähne vor den oberen liegen.
Kurznasige Hunde hecheln häufig.
Bild: Luis Quintero | Pexels
2. Anzeichen, dass dein Hund an Brachyzephalie leidet:
Atemgeräusche und Atembeschwerden:
Schnaufen/Röcheln: laute, auffällige Atemgeräusche, besonders beim Ein- und Ausatmen
pfeifende Geräusche: Geräusche wie ein Pfeifen oder Quietschen beim Atmen
laute Atmung: Die Atmung klingt schwer und angestrengt, auch in Ruhe.
Schnarchen: starkes Schnarchen, auch im Wachzustand
dauerhaft schnelle Atmung oder Hecheln: Dein Hund atmet ständig sehr schnell oder hechelt übermäßig viel, selbst in Ruhe oder bei niedriger Aktivität.
Eingeschränkte Belastbarkeit:
rasche Erschöpfung: Dein Hund ist schon bei geringer Anstrengung schnell außer Atem und müde.
schneller außer Atem als du: Dein Hund ist beim Laufen oder Spielen deutlich schneller außer Atem als du und braucht längere Erholungsphasen.
vermeidet Bewegung: Dein Hund zeigt wenig Interesse am Spielen oder Spazierengehen, weil er schlecht Luft bekommt.
Husten und Würgen:
Husten: häufiger Husten, besonders nach Anstrengung oder Aufregung
Würgen: Versuche zu würgen oder zu erbrechen, oft in Verbindung mit Anstrengung
Kurznasige Hunde haben oft Augenprobleme. Dieser Pekinese zum Beispiel hat tränende Augen.
Bild: Judy Beth Morris | Unsplash
Augenprobleme:
hervortreten der Augen oder Schielen: Die Augen stehen deutlich hervor oder der Hund schielt.
tränende Augen: vermehrter Tränenfluss durch Reizung
Augenausfluss: schleimiger oder eitriger Ausfluss aus den Augen
Rötung: rote oder entzündete Augen
Blinzeln: häufiges Blinzeln oder Zwinkern als Zeichen von Schmerz
Reiben: häufiges Reiben der Augen
Überhitzung:
Hitzschlag: Brachyzephale Hunde sind anfälliger für Überhitzung, da sie nicht effektiv hecheln können.
Symptome von Überhitzung: Hecheln, beschleunigte Atmung, Schwäche, Taumeln
Atemnot:
schnelle Atmung: beschleunigte Atemfrequenz, auch ohne Anstrengung
flache Atmung: flache Atmung, bei der sich der Brustkorb kaum hebt und senkt
anstrengende Atmung: deutliche Anstrengung beim Versuch, Luft zu holen, mit verstärkter Bewegung der Bauchmuskulatur
blaue Zunge oder Schleimhäute: Zeichen von Sauerstoffmangel, der einen Notfall darstellt
Verdauungsprobleme:
Aufstoßen/Erbrechen: Durch das vermehrte Hecheln schlucken brachyzephale Hunde oft viel Luft, was zu Aufstoßen und Erbrechen führen kann.
Blähungen: Vermehrte Blähungen und Bauchschmerzen.
Schlafstörungen:
unruhiger Schlaf: Der Hund schläft unruhig, schnarcht laut oder wacht häufig auf.
Englische Bulldogge mit stark ausgeprägter Nasenfalte
Bild: BLACK17BG | Pixabay
Weitere Auffälligkeiten:
Falten auf dem Nasenrücken: Starke und tiefe Falten auf dem Nasenrücken können zu Irritationen und Entzündungen (Hautfaltendermatitis) führen.
Zahnprobleme: Dein Hund hat Schwierigkeiten beim Abbeißen, hat Schmerzen beim Kauen oder zeigt Anzeichen von anderen Zahnproblemen.
ausgetrocknete Zunge: Die Zunge sieht auffallend trocken aus, was ein Zeichen für Dehydrierung sein kann.
Es ist wichtig zu wissen: Nicht jeder brachyzephale Hund zeigt alle diese Symptome, und die Ausprägung kann sehr unterschiedlich sein. Wenn du eines oder mehrere dieser Anzeichen bei deinem Hund bemerkst, ist es ratsam, eine:n Tierärzt:in aufzusuchen, der/die sich mit Brachyzephalie auskennt. Denn eine frühzeitige Diagnose und Behandlung kann die Lebensqualität deines Hundes deutlich verbessern. In schweren Fällen kann eine Operation helfen, die Atemwege zu erweitern. Dabei können zum Beispiel die Nasenlöcher erweitert, Teile des Gaumensegels entfernt oder fehlgebildete Nasenmuscheln korrigiert werden. Diese Eingriffe können die Atemnot deutlich lindern. Aus Tierschutzgründen sollte mit Hunden, die stark an Brachyzephalie leiden, nicht gezüchtet werden. Eine Kastration kann hier eine sinnvolle Maßnahme sein.
Brachyzephale Hunde sollten mit einem Brustgeschirr an der Leine geführt werden.
Bild: RitaE | Pixabay
Mein Hund hat eine kurze Schnauze – was kann ich tun?
Wenn dein Hund eine kurze Schnauze hat, ist es wichtig, einige Anpassungen im Alltag vorzunehmen, um ihm ein bequemes und gesundes Leben zu ermöglichen und Gefahren zu meiden. Hier einige praktische Tipps:
Temperaturmanagement:
Überhitzung vermeiden: Am wichtigsten ist es, Überhitzung zu vermeiden. Brachyzephale Hunde können ihre Körpertemperatur nur schwer durch Hecheln regulieren, da ihre Atemwege eingeschränkt sind.
nicht nur bei Hitze: Es ist wichtig zu verstehen, dass auch niedrigere Temperaturen zu Überhitzung führen können, insbesondere bei körperlicher Anstrengung. Selbst bei 20-22°C und hoher Luftfeuchtigkeit kann der Hund schnell überhitzen.
Spaziergänge anpassen: Vermeide Spaziergänge während der heißesten Tageszeit (meistens mittags). Verlege die Spaziergänge in die kühleren Morgen- oder Abendstunden.
kühle Unterlage: Stelle deinem Hund eine kühle Unterlage zur Verfügung, z.B. eine Kühlmatte, ein feuchtes Handtuch oder einen gefliesten Boden.
Schattenplätze: Sorge für genügend Schattenplätze im Garten oder auf dem Balkon.
Klimaanlage: Benutze bei Bedarf eine Klimaanlage oder einen Ventilator in der Wohnung, um die Raumtemperatur niedrig zu halten.
Auto: Lass deinen Hund niemals im geparkten Auto zurück, auch nicht für kurze Zeit. Die Temperaturen im Auto können sehr schnell gefährliche Höhen erreichen.
trinken: Stelle immer ausreichend frisches und kühles Wasser zur Verfügung.
Aktivität:
kurze Spaziergänge: Halte die Spaziergänge kurz und passe sie der Kondition deines Hundes an. Vermeide Überanstrengung.
langsame Bewegungen: Vermeide ruckartige Bewegungen und intensives Spielen. Bevorzuge ruhige Aktivitäten.
schwimmen: Schwimmen kann eine gute Möglichkeit sein, da es kühlend wirkt. Achte aber darauf, dass dein Hund dabei nicht zu sehr aus der Puste kommt. Am besten mit einer Schwimmweste.
spielen: Spiele mit deinem Hund in einer ruhigen Umgebung und versuche, ihn nicht zu sehr zu ermüden.
Trainingszeiten: Verlege Trainingszeiten auf kühlere Tageszeiten oder in klimatisierte Räume.
vermeide Aufregung: Vermeide Situationen, die deinen Hund unnötig aufregen.
Ausrüstung:
Brustgeschirr: Verwende ein gut sitzendes Brustgeschirr anstelle eines Halsbandes, um den Druck auf die Atemwege zu minimieren.
Kühlweste: An heißen Tagen kann eine Kühlweste helfen, den Hund kühl zu halten.
Wasserflasche: Nimm auf Spaziergängen immer eine Wasserflasche mit, damit du deinem Hund bei Bedarf etwas zu trinken geben kannst.
sichere Umgebung: Schaffe zuhause eine sichere und zugängliche Umgebung, in der sich dein Hund frei bewegen kann, ohne sich zu überanstrengen.
Ernährung und Gewicht:
Gewichtsmanagement: Achte auf eine angepasste und ausgewogene Ernährung, um Übergewicht zu vermeiden. Übergewicht verschlimmert Atemprobleme.
Futteraufnahme: Gib deinem Hund das Futter in kleinen Portionen, um das Risiko von Aufstoßen und Erbrechen zu verringern.
Verdauung: Bei Verdauungsproblemen gibt es spezielle Futtermittel, die die Verdauung unterstützen. Vor allem leicht verdauliche Futtermittel mit hochwertigen Proteinen, angepassten Kohlenhydraten und Ballaststoffen sind empfehlenswert. Spezielle Futtermittel für brachyzephale Rassen können durch angepasste Krokettenformen und Rezepturen zusätzliche Unterstützung bieten.
erhöhte Futternäpfe: Erhöhe den Futternapf, um eine bessere Körperhaltung zu erreichen und das Schlucken zu erleichtern.
Gesundheit und Pflege:
regelmäßige Kontrollen: Lass deinen Hund regelmäßig von einem/einer Tierärzt:in untersuchen, der/die sich mit Brachyzephalie auskennt.
Atmung: Achte auf Anzeichen von Atemnot, wie z.B. pfeifendes Atmen, Husten oder eine blaue Zunge. Bei Auffälligkeiten sofort eine Tierarztpraxis aufsuchen.
Augenpflege: Reinige die Augen deines Hundes regelmäßig mit einem feuchten Tuch, um Reizungen zu vermeiden.
Pflege der Gesichtsfalten: Reinige die Gesichtsfalten regelmäßig, um Entzündungen zu vermeiden.
Operation: In schweren Fällen von Brachyzephalem Obstruktivem Atemwegssyndrom (BOAS) kann eine Operation helfen, die Atemwege zu erweitern.
Wenn du diese praktischen Tipps in deinem Alltag umsetzt, kannst du deinem brachyzephalen Hund helfen, ein glückliches und gesundes Leben zu führen. Achte immer auf die individuellen Bedürfnisse deines Hundes und sei bereit, deinen Alltag entsprechend anzupassen.
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Retro Mops mit längerer Schnauze
Bild: Incygneia | Pixabay
Wie können Probleme mit kurzköpfigen Rassen in Zukunft vermieden werden?
Die Vermeidung von Problemen bei kurzköpfigen Rassen ist eine komplexe Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Züchter:innen, Tierärzt:innen, Tierschutzorganisationen, Gesetzgeber:innen und der Öffentlichkeit erfordert. Nur durch ein gemeinsames Engagement kann das Leiden dieser Tiere verringert und ihre Gesundheit und Lebensqualität verbessert werden. Die wichtigsten Maßnahmen sind:
1. Verantwortungsvolle Zucht:
Zuchtauswahl: Züchter:innen sollten bei der Auswahl ihrer Zuchttiere auf Gesundheit und Funktionalität statt auf rein äußerliche Merkmale achten. Hunde mit deutlichen Anzeichen von Brachyzephalie (z.B. Atemnot, Augenprobleme) sollten von der Zucht ausgeschlossen werden.
Gesundheitsuntersuchungen: Vor der Zucht sollten umfassende Gesundheitsuntersuchungen durchgeführt werden, um genetische Dispositionen für Atemwegserkrankungen, Augenprobleme und andere rassespezifische Erkrankungen zu erkennen.
Outcrossing: Das Einbringen von Genen anderer Rassen (Outcrossing) kann helfen, die genetische Vielfalt zu erhöhen und die Anfälligkeit für Erbkrankheiten zu verringern. Dies muss jedoch verantwortungsvoll und behutsam geschehen.
Zuchtverbote: In einigen Ländern gibt es bereits Zuchtverbote für bestimmte Rassen mit extremen Kurzköpfigkeitsmerkmalen. Solche Maßnahmen können sinnvoll sein, um das Leiden der Tiere zu verringern.
Zuchtziele: Zuchtziele sollten sich nicht nur auf das Aussehen, sondern auch auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere beziehen. Die Zucht sollte darauf abzielen, die ursprüngliche Funktion und Leistungsfähigkeit der Rassen wiederherzustellen.
Bewertungssysteme: Die Einführung standardisierter Bewertungssysteme für die Gesundheit von Zuchttieren kann Züchter:innen und Käufer:innen helfen, gesunde Hunde auszuwählen.
2. Aufklärung der Öffentlichkeit:
Bewusstsein schaffen: Die Öffentlichkeit muss über die gesundheitlichen Probleme kurzköpfiger Rassen aufgeklärt werden. Viele Menschen sind sich des Leidens dieser Hunde nicht bewusst und entscheiden sich aufgrund des niedlichen Aussehens für eine solche Rasse.
kritische Auseinandersetzung: Es ist wichtig, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Schönheitsideal von Hunderassen zu fördern und die Gesundheit der Tiere in den Vordergrund zu stellen.
Kaufentscheidung: Interessierte sollten vor dem Kauf eines Hundes gründlich recherchieren und sich über mögliche gesundheitliche Probleme der jeweiligen Rasse informieren.
Adoption statt Kauf: Tierheime sind oft voll von Hunden, die ein liebevolles Zuhause suchen. Auch brachyzephale Hunde suchen dort oft ein Zuhause und können adoptiert werden.
verantwortungsvoller Umgang: Die Öffentlichkeit sollte darüber aufgeklärt werden, wie sie ihren kurzköpfigen Hund verantwortungsvoll halten und unterstützen kann, um sein Wohlbefinden zu fördern.
3. Tierärztliche Versorgung:
spezialisiertes Wissen: Tierärzt:innen sollten sich auf die Behandlung brachyzephaler Rassen spezialisieren, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.
Früherkennung: Regelmäßige Gesundheitschecks und Früherkennung von Gesundheitsproblemen sind wichtig, um eine rechtzeitige Behandlung einleiten zu können.
Operationen: Operationen zur Korrektur von Atemwegsverengungen sollten in Betracht gezogen werden, wenn die Lebensqualität des Hundes stark beeinträchtigt ist.
Schmerzlinderung: Schmerzlinderung und Unterstützung bei Atemnot sollten bei betroffenen Tieren im Vordergrund stehen.
4. Rechtliche Rahmenbedingungen:
Tierschutzgesetze: Tierschutzgesetze müssen angepasst und durchgesetzt werden, um die Zucht von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen zu verbieten.
Kontrolle der Zucht: Züchter:innen sollten strenger kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie ethisch und verantwortungsvoll handeln.
Importverbote: Importverbote für brachyzephale Rassen aus dem Ausland könnten helfen, die Verbreitung von Hunden mit extremen Merkmalen zu reduzieren.
Verbot von Qualzuchtmerkmalen: Die Definition von Qualzuchtmerkmalen in der Gesetzgebung muss klar und umfassend sein, um eine effektive Durchsetzung zu ermöglichen.
5. Forschung
genetische Forschung: Die Forschung zur Genetik der Brachyzephalie sollte weiter intensiviert werden, um die genetischen Grundlagen der Erkrankung besser zu verstehen und gezielte Zuchtprogramme zu entwickeln.
präventive Maßnahmen: Die Forschung sollte auch darauf abzielen, präventive Maßnahmen zu entwickeln, um die Entstehung von Brachyzephalie zu verhindern.
Fazit
Brachyzephalie ist ein Problem, das wir als verantwortungsvolle Hundehalter:innen nicht ignorieren dürfen. Die Zucht auf ein bestimmtes Aussehen hat bei vielen Hunden zu gesundheitlichen Problemen geführt. Es ist unsere Aufgabe, uns bewusst zu machen, was dies für unsere Vierbeiner bedeutet und sie bestmöglich zu unterstützen.
Mit dem richtigen Wissen und der nötigen Aufmerksamkeit können wir unseren brachyzephalen Hunden ein glückliches und erfülltes Leben ermöglichen. Noch besser ist es, wenn man beim Hundekauf möglichst auf solche Rassen verzichtet, denn die Nachfrage bestimmt den Markt. Also: Achtsam sein, verantwortungsvoll handeln und die Nase feiern - in all ihren Formen und Längen!
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