Die Notdienstkrise in der Tiermedizin – was bedeutet das für mich und was tun?

Schützen | Vom 05.10.22

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Die Notdienstkrise in der Tiermedizin – was bedeutet das für mich und was tun?

Titelbild: confidu

Die Notdienstkrise in der Tiermedizin. Bereits seit Jahren zeichnete sich ab, was nun akut geworden ist. Der tierärztliche Notdienst ist kurz vor dem Kollaps. Doch warum ist das so und was bedeutet das für Tierbesitzer:innen? Wir erklären dir die Gründe und was du im Notfall tun kannst, damit deinem Vierbeiner schnell geholfen werden kann.

Strukturwandel in der Tiermedizin

Schon seit Jahrzehnten gibt es einen strukturellen Wandel in der Tierärzteschaft, der nun zu einem akuten Problem für den Notdienst wird. So wird die Tiermedizin immer weiblicher. Vor 50 Jahren übten fast nur Männer den Beruf aus, mittlerweile sind etwa 90 % der Tiermedizinstudent:innen weiblich. Der Wandel ist gut im Diagramm zur Altersstruktur der Tierärzteschaft sichtbar: Die Tierärzt:innen bis zu einem Alter von 59 Jahren sind überwiegend weiblich.

Altersstruktur der Tierärzteschaft

Stand 31.12.2021 | Deutsches Tierärzteblatt | 2022; 70 (6)

An sich ist das natürlich nichts Schlimmes, doch da sich nach wie vor überwiegend die Mütter der Kindererziehung widmen, werden beispielsweise viele Stellen nur noch halbtags besetzt. Zudem haben viele Tierärzt:innen bereits Erfahrungen mit sogenannten malignen, also bösartigen Kund:innen gemacht, die anschuldigen, beleidigen und sogar handgreiflich werden – und das vor allem im Notdienst, da hier oft die Nerven blank liegen. Ein weiterer Faktor ist, dass die nachwachsende Tierärztegeneration Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance legt und nicht mehr bereit ist, ununterbrochen auf Kosten der mentalen und physischen Gesundheit zu arbeiten. Aus diesen Gründen sind immer weniger Tierärzt:innen dazu bereit, an Wochenenden, Feiertagen und nachts zu arbeiten.

Notdienstkrise und Kliniksterben

Vor allem Tierkliniken leiden aus den oben genannten Gründen unter Personalmangel und können die Notdienstzeiten daher nur noch mit Mühe abdecken. Als Konsequenz hat das in einigen Regionen bereits dazu geführt, dass Kliniken ihren Klinikstatus abgegeben haben und nun gar keinen Notdienst mehr anbieten. Das bedeutet für Tierbesitzer:innen, dass sie zum Erreichen der nächstgelegenen Notdienstklinik oder -praxis unter Umständen eine Anfahrtszeit von mehr als 1,5 Stunden in Kauf nehmen müssen.

Doch damit nicht genug. Häufig sind jene Kliniken und Praxen, die noch einen Notdienst anbieten, zu den Notdienstzeiten stark frequentiert und überfüllt. Dadurch kann es zu massiven Wartezeiten für Tierbesitzer:innen oder sogar einer Ablehnung der Behandlung kommen, wenn der Fall nicht wie ein Notfall erscheint.

Leeres Wartezimmer: Im Notdienst kann davon nur zu träumen sein.

Bild: DanielCubas | Pixabay

Notdienst ist teuer – und das muss so sein

Da vor allem die Kosten zur Bereitstellung von Personal im Notdienst höher als zur regulären Sprechstunde sind, ist eine Notfallbehandlung immer teurer für Tierbesitzer:innen. Nur so können die Tierkliniken und -praxen den Notdienst überhaupt anbieten und dabei wirtschaftlich bleiben. Diesen Umständen wird auch in der tierärztlichen Gebührenordnung (GOT) Rechnung getragen, nach der alle Tierärzt:innen in Deutschland ihre Leistungen abrechnen müssen. Im Notdienst muss die vorgegebene Gebühr mindestes zum doppelten und darf maximal im vierfachen Satz abgerechnet werden, außerdem kommt bei jeder Behandlung eine Notdienstgebühr von 50 € plus MwSt. hinzu. Und hierbei ist es egal, ob es sich am Ende wirklich um einen Notfall gehandelt hat oder nicht.

Lösungsansätze finden

An der Notdienstkrise können die Tierbesitzer:innen nicht viel ändern, das ist die Aufgabe des tierärztlichen Berufstandes. Doch sie können etwas tun, um den Notdienst zu entlasten. Denn nach wie vor werden viel zu viele Fälle vorgestellt, bei denen es sich nicht um Notfälle handelt. Hier findest du eine Entscheidungshilfe, um besser einschätzen zu können, was ein Notfall ist und was bis zum nächsten Tag warten kann. Oft erscheinen die Symptome nämlich schwerwiegender, als sie wirklich sind.

Doch auch das Gegenteil kommt vor. So warten Tierbesitzer:innen teilweise zu lange ab, weil sie denken, das Problem wird sich schon von alleine lösen. Klassischerweise werden sie dann Sonntagnachmittag im Notdienst vorstellig, weil es immer schlimmer wird und die Sorge um den geliebten Vierbeiner nun groß ist. Der Gang in den Notdienst kann also vermeidbar sein, wenn man bei rechtzeitig eine Tierarztpraxis aufsucht und nicht erst wartet, bis sich die Symptome verschlimmern und zum Notfall entwickeln.

Bei der Entscheidung, ob du in die Tierarztpraxis gehen solltest, kann dir die confidu App helfen. Der kostenlose Diagnose Finder enthält viele bei Hund und Katze auftretenden Symptome inklusive Notfallsymptomen und verrät dir nach der Beantwortung einiger Fragen die Dringlichkeit des Problems. Handelt es sich um milde Symptome, bekommst du Handlungsempfehlungen für zuhause, mit denen du deinen Vierbeiner wieder gesundmachen kannst. Wenn nötig, werden ihm dafür auch Medikamente verschrieben.

Trotzdem können Notfälle natürlich auftreten. Um im Ernstfall keine Zeit mit dem Suchen eines tierärztlichen Notdienstes zu verlieren, solltest du dich regelmäßig erkundigen, welche Klinik oder Praxis einen Notdienst in deiner Gegend anbietet. Erleidet dein Tier dann einen Notfall, bist du gut beraten, dich dort telefonisch anzumelden. So kannst du sicher sein, dass die gewählte Klinik oder Praxis wirklich geöffnet ist und noch freie Kapazitäten hat. Außerdem kann sich das Personal auf deinen Notfall vorbereiten und so Zeit sparen.

Fazit zu tierärztlichem Notdienst

Das Notdienstangebot wird immer knapper. Seit Jahren verringert sich die Abdeckung der Notdienstzeiten durch Tierkliniken und -praxen, vor allem weil Personal fehlt. Deshalb solltest du den Notdienst nur für wirkliche Notfälle aufsuchen und bei anderen Gesundheitsproblemen vorzugsweise in die reguläre Sprechstunde gehen. In vielen Fällen kannst du dich auch alleine zuhause um deinen Vierbeiner kümmern, wenn er milde Symptome zeigt. Mithilfe des confidu Diagnose Finders bekommst du maßgeschneiderte Anweisungen und nötige Medikamente.


Das confidu-Magazin wird von unseren Tierärzt:innen nach aktuellem wissenschaftlichen Standard verfasst. Die Artikel ersetzen keine tierärztliche Diagnose, sondern sollen dir Erstinformationen zu vielen Themen rund um dein Tier liefern. Bei spezifischen Fragen zu deinem Tier, beraten unsere Tierärzt:innen dich gern über die confidu App.


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