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Nickhautvorfall bei der Katze. Der Nickhautvorfall ist ein häufiges, aber oft beunruhigendes Symptom bei Katzen, das vielen Katzenbesitzer:innen Rätsel aufgibt. Die Nickhaut, auch drittes Augenlid genannt, dient normalerweise dem Schutz und der Befeuchtung des Auges. Fällt sie plötzlich vor, kann dies auf verschiedene gesundheitliche Probleme hinweisen - von harmlosen Ursachen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Doch wie erkennt man einen Nickhautvorfall, was sind mögliche Auslöser und wann sollte man eine Tierarztpraxis aufsuchen? In diesem Artikel erfährst du, wie du die Gesundheit deiner Katze am besten im Auge behältst und was im Ernstfall zu tun ist.
Was ist ein Nickhautvorfall?
Katzen besitzen an jedem Auge ein drittes Augenlid, das als Nickhaut bezeichnet wird. Sie ist eine Hautfalte, die aus Bindehaut, Stützknorpel und Tränendrüse besteht. Sie schützt das Auge vor Schmutz und Fremdkörpern und versorgt es durch die Produktion von Tränenflüssigkeit mit Feuchtigkeit.
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Normalerweise ist nur ein kleiner Teil der Nickhaut im inneren Augenwinkel zu sehen, der kaum auffällt (siehe Bild oben). Bei einem Nickhautvorfall hingegen schiebt sich die weißliche Membran dauerhaft vor das Auge und behindert die Katze beim Sehen (siehe Bild unten). Er wird auch Nickhautprolaps genannt. Der Nickhautvorfall ist ein Symptom, das durch verschiedene Erkrankungen hervorgerufen werden kann und ein- oder beidseitig auftreten kann.
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Wie entsteht ein Nickhautvorfall?
Es gibt viele Gründe, warum die Nickhaut vor das Auge fallen kann. Alle erfordern eine unterschiedliche Behandlung. Grundsätzlich stecken vier Prinzipien dahinter:
Das dritte Augenlid ist vergrößert, z.B. durch eine Entzündung.
Es hat mehr Platz als üblich, etwa bei einem eingesunkenen Auge.
Es wird hervorgedrückt, z.B. durch einen Abszess hinter dem Auge.
Es gibt eine Nervenschädigung, die die Bewegung der Nickhaut beeinflusst, wie beim Horner-Syndrom.
Gründe für einen einseitigen Nickhautvorfall bei Katzen:
Häufige Gründe | Seltene Gründe |
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Gründe für einen beidseitigen Nickhautvorfall bei Katzen:
Häufige Gründe | Seltene Gründe |
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Fremdkörper im Auge
Vor allem Freigänger sind gefährdet, beim Durchstreifen von Büschen und Feldern einen Fremdkörper ins Auge zu bekommen. Oft sind es Grannen oder andere Pflanzenteile mit kleinen Widerhaken, die sich unter der Nickhaut verfangen und auf der Hornhaut reiben. Dies führt zu Schmerzen, einem Vorfall des dritten Augenlids und kann zu einem Hornhautdefekt führen. Das Problem tritt meist einseitig auf.
Nachwirkungen einer Narkose
Wenn deine Katze beim Tierarzt in Narkose gelegt wird, z.B. zur Zahnreinigung oder wenn sie kastriert werden soll, wird sie bewusstlos und alle Muskeln entspannen sich. Dabei kann es passieren, dass die Nickhaut auf beiden Seiten vorfällt. Dies kann auch nach dem Aufwachen noch einige Stunden anhalten und verschwindet von selbst wieder. Da während der Narkose auch der Lidschlagreflex ausfällt, wird der Katze eine pflegende Augensalbe verabreicht, damit die Augen nicht austrocknen. Mach dir also keine Sorgen, wenn die Augen nach der Narkose etwas ungewohnt und matschig aussehen. Wie du deiner Katze nach einer Narkose helfen kannst, erfährst du im Artikel Katze erholt sich nicht nach Narkose | Woran liegt das und was tun?
Tumor oder Abszess
Wenn sich hinter dem Auge ein Abszess oder Tumor bildet, kann dieser den Augapfel nach vorne drücken und so einen Nickhautvorfall verursachen. Die sogenannten retrobulbären Abszesse gehen häufig von einer Zahnwurzelentzündung aus. Seltener kommt es zu einer Entzündung mit Abszessbildung oder zur Bildung eines Tumors am dritten Augenlid.
Abszesse treten häufiger bei jungen Katzen auf. Sie treten plötzlich auf und sind schmerzhaft bei Berührung. Tumore bilden sich meist bei älteren Tieren, wachsen langsamer als Abszesse und sind nicht schmerzhaft. Sie sind bei Katzen häufig bösartig.
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Katzenschnupfen
Eine häufige Erkrankung bei Katzen ist der Katzenschnupfen. Besonders junge oder ungeimpfte Tiere können schwer erkranken. Katzenschnupfen ist eine grippeähnliche Erkrankung, die durch verschiedene Bakterien und Viren verursacht wird.
Ein Symptom ist eine meist beidseitige, schmerzhafte Bindehautentzündung mit vermehrtem Zukneifen der Augen und Nickhautvorfall. Weitere Symptome sind eine Schwellung und Rötung der Bindehaut, außerdem reibt sich die Katze häufig mit den Pfoten am Auge. Auch Hornhautgeschwüre können auftreten, die in der Tierarztpraxis durch Anfärben der Hornhaut sichtbar gemacht werden können.
Mehr Informationen zum Thema findest du im Artikel Katzenschnupfen: Was tun und wie meine Katze schützen?
Nervenschädigung
Die Bewegung der Nickhaut wird von verschiedenen Nerven gesteuert. Sind diese entzündet oder anderweitig geschädigt, kann es zu einem dauerhaften Vorfall des dritten Augenlids kommen. Bei der Katze sind vor allem drei Erkrankungen bekannt: das Horner-Syndrom, das Haw-Syndrom und das Key-Gaskel-Syndrom.
Beim Horner-Syndrom treten aufgrund einer Schädigung bestimmter Gesichtsnerven mehrere Symptome gleichzeitig auf. Meist ist nur eine Gesichtsseite betroffen, da häufig eine Entzündung im Ohr die Ursache ist, die auf die umliegenden Nerven übergreift. Die Nickhaut tritt hervor, weil das betroffene Auge weiter in die Augenhöhle rutscht (sog. Enophthalmus). Hinzu kommen eine Verkleinerung der Pupille und ein Herabhängen des Oberlids. Bei einer ursächlichen Ohrenentzündung reibt die Katze oft das betroffene Ohr oder zeigt Schwindelgefühle. Der Gehörgang kann geschwollen, gerötet und verschmutzt sein und unangenehm riechen.
Das Haw-Syndrom führt meist zu einem plötzlichen beidseitigen Nickhautvorfall, wobei die Ursache der Nervenschädigung unklar ist. Vermutet werden Viren oder Toxine, die von Parasiten oder bei Magen-Darm-Störungen gebildet werden. Daher sollte bei plötzlichem beidseitigem Vorfall des dritten Augenlides immer eine Kotuntersuchung auf Parasitenbefall durchgeführt werden.
Beim Key-Gaskel-Syndrom sind wiederum andere Nerven betroffen, was am betroffenen Auge neben dem Nickhautvorfall zu Pupillenerweiterung, Pupillenstarre und verminderter Tränenproduktion führt.
Ist Nickhautvorfall gefährlich?
Ein Nickhautvorfall bei Katzen ist nicht immer gefährlich, sollte aber ernst genommen werden, da er auf gesundheitliche Probleme hinweisen kann. Die Nickhaut, das dritte Augenlid der Katze, ist normalerweise nur beim Blinzeln oder bei geschlossenem Auge sichtbar. Tritt sie plötzlich dauerhaft oder deutlich hervor, kann dies ein Symptom für eine Erkrankung oder Verletzung sein.
In einigen Fällen ist ein Nickhautvorfall harmlos, zum Beispiel:
nach einer Narkose: Die Sichtbarkeit der Nickhaut kann vorübergehend sein und verschwindet normalerweise nach einigen Stunden.
leichte Dehydrierung: Nach kurzfristigem Flüssigkeitsmangel kann die Nickhaut deutlicher hervortreten, normalisiert sich aber schnell, wenn die Katze ausreichend trinkt.
Ein Nickhautprolaps kann jedoch auch ein Anzeichen für ernsthafte Erkrankungen oder Zustände sein, wie z.B.:
Augenkrankheiten: Hornhautgeschwüre, Entzündungen oder Fremdkörper im Auge.
Allgemeinerkrankungen: Katzenschnupfen, Parasitenbefall oder systemische Infektionen.
neurologische Ursachen: Krankheiten wie das Horner-Syndrom oder das Haw-Syndrom.
schwere Mangelzustände oder Abmagerung: Bei geschwächten Katzen kann der Augapfel einsinken, wodurch die Nickhaut hervortreten kann.
Ist ein Nickhautvorfall ansteckend?
Ein Nickhautvorfall ist für den Menschen nicht ansteckend. Wenn die Katze jedoch an Katzenschnupfen leidet, ist sie für andere Katzen ansteckend. Deshalb sollte sie keinen Kontakt zu anderen Katzen haben, solange sie krank ist. Auch sollte man sich nach dem Berühren der Katze immer die Hände waschen, um die Krankheitserreger nicht weiter zu verbreiten.
Ist ein Nickhautvorfall ein Notfall?
Nein, ein Nickhautvorfall bei der Katze ist in der Regel kein Notfall, kann aber auf ernsthafte gesundheitliche Probleme hinweisen und sollte abgeklärt werden. Ob ein sofortiger Tierarztbesuch notwendig ist, hängt von den Begleitsymptomen und dem Allgemeinzustand der Katze ab.
Ein schnellstmöglicher Tierarztbesuch ist erforderlich bei:
Augenverletzungen oder -schmerzen: Begleitsymptome wie Augenausfluss, Rötung oder häufiges Blinzeln können auf eine Verletzung, ein Hornhautgeschwür oder einen Fremdkörper im Auge hinweisen.
stark verschlechtertem Allgemeinbefinden: Appetitlosigkeit, Apathie oder Erbrechen deuten auf eine ernsthafte Erkrankung hin.
plötzlichem beidseitigem Auftreten: Dies kann auf systemische Erkrankungen wie Katzenschnupfen, Parasitenbefall oder neurologische Störungen hinweisen.
eingefallenen oder vorgefallenen Augäpfeln: Solche Veränderungen deuten häufig auf schwerere Verletzungen oder Erkrankungen hin.
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Behandlung: Was tun gegen Nickhautvorfall bei Katzen?
Die Behandlung eines Nickhautvorfalls ist je nach Ursache sehr unterschiedlich. Deshalb ist es wichtig, bei jedem Augenproblem mit der Katze zuerst eine Tierarztpraxis aufzusuchen, damit die Katze gründlich untersucht und rasch behandelt werden kann.
Ein Fremdkörper im Auge kann bei einer Augenuntersuchung schnell gefunden und entfernt werden. Auch ein Katzenschnupfen lässt sich schnell diagnostizieren. Hier helfen vor allem weitere Symptome und der Impfstatus der Katze. Je nach Ausprägung der Symptome und der Schädigung des Auges sind verschiedene Medikamente und Augentropfen notwendig, um die Erkrankung ausheilen zu lassen. Manchmal kann es auch notwendig sein, ein stark geschädigtes Auge zu entfernen (siehe Bild). Schweren Verläufen des Katzenschnupfens kann man jedoch vorbeugen, indem man seine Katze regelmäßig impfen lässt. Im Artikel Core-Impfungen bei der Katze | RCP gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche findest du weitere Informationen zu diesem Thema.
Hat sich bei deiner Katze ein Abszess gebildet, muss dieser unter Narkose geöffnet und gespült werden. Danach ist eine mehrtägige Behandlung mit Antibiotika notwendig, um die verursachenden Bakterien zu bekämpfen und eine Ausbreitung im Körper zu verhindern. Ein Tumor kann oft operativ entfernt werden, manchmal muss das ganze Auge entfernt werden, um ein Wiederauftreten des Tumors zu verhindern.
Wenn deine Katze das Horner-Syndrom aufgrund einer Ohrenentzündung hat, braucht sie Ohrentropfen und Schmerzmittel. Oft bleibt der Nickhautvorfall auch nach Abklingen der Ohrenentzündung noch einige Zeit bestehen, da es einige Zeit dauert, bis sich die betroffenen Nerven regeneriert haben. Bei anderen Nervenschädigungen hängt die Behandlung davon ab, ob die Ursache erkennbar ist. Das Haw-Syndrom verschwindet in der Regel nach 3 bis 4 Wochen ohne Behandlung.
Hausmittel und Medikamente bei Nickhautvorfall
Gegen einen Nickhautvorfall kannst du deiner Katze Phenylephrin-Augentropfen geben, die du in der Tierarztpraxis erhältst. Je nach Ursache des Nickhautvorfalls benötigt deine Katze jedoch noch weitere Medikamente. Häufig werden Schmerzmittel, Antibiotika und Vitaminpräparate eingesetzt.
Wenn du deine Katze unterstützen möchtest, gibt es auch einige Hausmittel. Aber auch hier ist es wichtig, die Ursache zu kennen, um das richtige Mittel auswählen zu können. Am besten fragst du deine:n Tierärzt:in. Was deiner Katze auf jeden Fall helfen kann, ist Entspannung. Manche Katzen reagieren gut auf beruhigende Wohlfühlhormone wie Feliway®. Im Handel gibt es auch Ergänzungsfuttermittel wie Zylkene® für Katzen, die bei regelmäßiger Fütterung die Samtpfoten entspannen sollen. Probiere einfach aus, was deine Katze akzeptiert.
Als Hausmittel kommen auch einige homöopathische Präparate in Frage. Ist der Nickhautvorfall auf eine Verletzung zurückzuführen, kann Arnica D12 gegeben werden. Apis D6 kommt zum Einsatz, wenn das dritte Augenlid zusätzlich geschwollen ist. Bei Katzenschnupfen werden Euphrasia D6, Ledum D6 und Hypericum D6 empfohlen. Dein:e Tierärzt:in kann dir die passenden Mittel verschreiben.
Wie lange dauert ein Nickhautvorfall?
Die Dauer eines Nickhautvorfalls bei Katzen hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab und kann sehr unterschiedlich sein. Einige Ursachen können zu einem vorübergehenden Nickhautvorfall führen, während andere länger anhalten und eine gezielte Behandlung erfordern.
Vorübergehender Nickhautvorfall (Stunden bis Tage):
nach einer Narkose: Die Nickhaut bildet sich normalerweise innerhalb von 24-48 Stunden zurück, sobald die Katze vollständig wach ist.
leichte Dehydrierung: Nach ausreichender Flüssigkeitszufuhr kann sich die Nickhaut innerhalb weniger Stunden zurückbilden.
Stress oder vorübergehende Reizung: Dies kann sich innerhalb weniger Stunden normalisieren, wenn die Katze zur Ruhe kommt.
Anhaltender Nickhautvorfall (Tage bis Wochen):
Krankheiten wie Katzenschnupfen: Der Vorfall hält in der Regel so lange an, bis die Grunderkrankung behandelt wurde. Die Rückbildung erfolgt parallel zur Heilung und kann Tage bis Wochen dauern.
chronische Erkrankungen: In seltenen Fällen kann ein Nickhautvorfall länger bestehen bleiben, wenn die zugrundeliegende Ursache nicht vollständig beseitigt werden kann.
Eine Rückbildung ist unwahrscheinlich bei:
angeborenen oder irreversiblen Veränderungen: Wenn die Nickhaut dauerhaft sichtbar bleibt, kann es sich um strukturelle oder neurologische Probleme handeln, die nicht rückgängig gemacht werden können.
traumatischen Verletzungen: Je nach Schwere der Verletzung kann die Nickhaut auch nach der Behandlung sichtbar bleiben.
Fazit zu Nickhautvorfall bei der Katze
Ein Nickhautvorfall kann bei deiner Katze nach einer Narkose auftreten. Er verschwindet nach kurzer Zeit von selbst. Wenn du aber keine Erklärung dafür hast, solltest du deine Katze in einer Tierarztpraxis untersuchen lassen. Oft steckt Katzenschnupfen, ein Fremdkörper im Auge oder eine Ohrenentzündung dahinter.
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