DNA Test Hund | Welcher ist sinnvoll?

Vorsorgen | Vom 09.09.22

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DNA Test Hund | Welcher ist sinnvoll?

Titelbild: fotoreinartz | Pixabay

DNA Test Hund | Welcher ist sinnvoll? DNA Tests für Hunde sind im Trend, es gibt immer mehr Angebote. Sie sind einfach durchzuführen und sollen bei Mischlingen die beteiligten Rassen aufdecken oder genetisch angelegte Erkrankungen diagnostizieren. Doch halten sie wirklich, was sie versprechen? Wir haben das Thema wissenschaftlich beleuchtet und können schon einmal festhalten, dass viele Tests mehr den Laboren als unseren Haustieren dienen.

Warum ein DNA Test für Hunde?

DNA Tests basieren auf der Idee, anhand von Untersuchungen der genetischen Anlagen Informationen über das zugehörige Tier zu erhalten. Hierbei geht es zum einen darum, Erbkrankheiten zu diagnostizieren und Behandlungen zu finden. Außerdem können mit diesem Wissen genetisch kranke Tiere von der Zucht ausgeschlossen werden, um die Krankheiten nicht weiterzugeben. Es gibt mittlerweile mehr als 250 Erbkrankheiten, auf die man testen kann, wobei sich das Angebot je nach Hunderasse unterscheidet. Beispiele sind eine plötzliche Erblindung (PRA), die Chondrodysplasie oder der MDR1-Defekt. 

Darüber hinaus sind viele DNA Tests aber eher unter der Kategorie „Lifestyle“ einzuordnen, als dass sie medizinischen Nutzen haben. So kann man testen lassen, von welchen Rassen der Mischlingshund abstammt, oder Züchter:innen ermitteln die genetisch angelegte Fellfarbe und -struktur ihrer Zuchttiere, um mögliche Farbvarianten kreieren zu können. Und auch Vaterschaftstests für Hunde sind möglich.

Als Probenmaterial zu gewinnen ist meist simpel. Es reicht meist ein Schleimhautabstrich aus dem Maul, alternativ können einige Haare mit Wurzel oder etwas Blut verwendet werden, das allerdings ein:e Tierärzt:in entnehmen sollte. Die im Probenmaterial enthaltenen Zellen enthalten das Genmaterial, dass im Labor in speziellen Maschinen vervielfältigt und dann analysiert wird.

Beispiele für DNA Tests für Hunde:

  • Progressive Retinaatrophie (PRA)

  • Chondrodysplasie und -dystrophie

  • von-Willebrand-Syndrom

  • Collie-Eye-Anomalie (CEA) 

  • MDR1-Defekt

  • Rassebestimmung

  • Fellfarbe und -struktur bestimmen

  • Vaterschaftstest

Wie sicher ist ein solcher Test?

Viele Unternehmen weisen zwar in ihren Geschäftsbedingungen auf die Unsicherheiten der Interpretation von Gentests hin, jedoch kann dies leicht übersehen werden. Denn es gibt ein grundlegendes Problem bei der Bewertung von Gentests. Wir können zwar mittlerweile viele Genanlagen nachweisen, aber es handelt sich eben nur um Anlagen. Ob sie wirklich zu einer Erkrankung oder anderen Merkmalen führen, ist eine andere Frage, die der Test nicht beantworten kann. Nur im seltensten Fall kommt es vor, dass nur eine Veränderung im Genom zu 100 % eine bestimmte Erkrankung auslöst. Meist sind viele Gene an der Entstehung einer Genkrankheit beteiligt. Auf der anderen Seite können auch bestimmte Mutationen vorliegen, trotzdem bricht nicht immer auch die Erkrankung aus.

Doch darüber hinaus gibt es weitere Probleme bei der Entwicklung und Interpretation der Tests.

Folgende Ursachen machen DNA Tests für Hunde unsicher:

  • fehlende Validierung

  • unzureichende Kommunikation

  • ungenaue Ergebnisse oder Interpretationen

  • mangelnde Regulierung

  • Interessenkonflikte

Fehlende Validierung und unzureichende Kommunikation

Gentests für Hunde sind noch relativ neu und ihnen fehlt häufig eine aussagekräftige Validierung, also Absicherung der Testergebnisse. Um einen Gentest zu entwickeln, muss immer erst eine genaue Zuordnung der genetischen Mutation(en) zu einer Erkrankung erfolgen, was kompliziert ist. Die Verfahren zur Entwicklung der Tests beruhen in der Regel nur auf wenigen Untersuchungsergebnissen, was am Aufwand und an der Seltenheit der Generkrankungen liegt. Details dazu werden von den Herstellerfirmen oft im Dunkeln gehalten. Auch welche genetische Veränderung bei dem jeweiligen Test genau analysiert wird, wird häufig nicht klar kommuniziert. So sind Tests auf dieselbe Erkrankung, die von verschiedenen Laboren durchgeführt werden, nicht immer vergleichbar. Mit dem technischen Fortschritt und dem Zugewinn an Wissen über Genetik müssten die Tests ständig weiterentwickelt werden. Ein Austausch der Labore untereinander und mit staatlichen Forschungsstätten wäre wünschenswert, außerdem die Anlegung einer zentralen Datenbank.

Ungenaue Ergebnisse oder Interpretationen

Außerdem besteht dasselbe Problem wie bei allen Tests: Es kommt darauf an, wie man das Ergebnis interpretiert. Unabhängige Überprüfungen von DNA Tests für Menschen haben beispielsweise ergeben, dass etwa 40 % der Testergebnisse ungenau waren, also von einem anderen Labor anders bewertet wurden. So hat ein Labor ein erhöhtes Krankheitsrisiko für eine Erkrankung feststellt, ein anderes aber keinen Hinweis darauf gefunden. Bei Tieren gibt es keine Studien dazu, weil verhältnismäßig weniger Tests durchgeführt werden und das öffentliche Interesse noch nicht groß genug ist. 

Ein weiteres Problem bei der Interpretation der Ergebnisse ist, dass die erbliche Veranlagung vieler Erkrankungen oder Merkmale nicht nur auf eine Genmutation zurückzuführen ist, sondern auf mehrere. Dementsprechend müssten immer alle bekannten Genorte untersucht werden, was häufig nicht geschieht. So erhält man nur ein unvollständiges Bild der Krankheitsanfälligkeit, wenn beispielsweise von drei Genmutationen nur eine untersucht wird.

Mangelnde Regulierung und Interessenkonflikte 

Es gibt bisher keine Regulierung und Kontrolle der DNA Tests für Tiere durch gesetzliche Vorschriften oder die Branche selbst. Daher sind auch keine Vorgaben vorhanden, wie ein Test entwickelt oder validiert werden soll. Auch ist nicht geregelt, was die Labore mit den erhobenen Daten machen. So könnten sie genutzt werden, um den Besitzer:innen des genetisch auffälligen Tieres weiter Geld zu entlocken. Zum Beispiel ist ein Anraten von speziellem Futter, Untersuchungen und weiteren Tests denkbar, auch wenn es medizinisch gar kein oder nur ein sehr geringes Risiko für einen Ausbruch der getesteten Erkrankung gibt. Kritisch zu sehen ist auch die Direktvermarktung der Tests an Tierbesitzer:innen, denn die Ergebnisse sind oft schwer verständlich und nicht von Laien bewertbar. So sollte auch immer auch ein Bezug zur Krankengeschichte des Tieres hergestellt werden, was nur der/die behandelnde Tierärzt:in überblicken kann. Ohne dieses Vorgehen kann es zu Fehleinschätzungen kommen, unter deren Konsequenzen im schlimmsten Falle das Tier leidet.

Durchführung eines DNA Tests im Labor.

Bild: Belova59 | Pixabay

Was kostet ein DNA Test für den Hund?

Es gibt weltweit diverse Labore, die DNA Tests für Hunde anbieten. Sie werden dabei einzeln oder als Pakete verkauft, in denen bis zu 200 Genmutationen auf einmal getestet werden. Dementsprechend kann der Preis stark variieren. Einen Einfluss auf die Kosten hat zudem, ob das Labor in Deutschland oder dem Ausland wie etwa den USA ansässig ist.

Die Preise liegen etwa zwischen 40 € und 80 € für einzelne Tests, Pakete kosten ab 100 €.

Gibt es ein besonders gutes Produkt?

Als sicherster Gentests gilt der Vaterschaftstest, hiermit kann wie beim Menschen zu 99,9 % die Vaterschaft nachgewiesen werden. Die Anwendung eines solchen Tests ist allerdings nur selten nötig. Auch die Analyse der Fellstruktur und -farbe gilt als insofern sicher, als dass sie zuverlässig beschreiben, welche Anlagen das Tier trägt. Allerdings gibt es mehrere Tests hierfür und man muss viel Geld bezahlen, wenn man alle Fellanlagen aufdecken will. Und wie wahrscheinlich sich die Eigenschaften am Ende bei den Nachkommen ausprägen, ist reine Statistik und kann nur dann sicher für ein Merkmal vorausgesagt werden, wenn beide Elterntiere reinerbig sind.

Dasselbe gilt für viele Erbkrankheiten. Einige Tests sind gut und können sicher wiedergeben, ob das Tier die zugehörige(n) Genmutation(en) aufweist. Andere Tests sind weniger genau und beleuchten nur einen Genort, obwohl das Erkrankungsrisiko auf mehreren Mutationen beruht. Das Problem ist, dass die Labore nicht kommunizieren, welche Tests sicher und welche unsicherer sind. Und das als Laie durch Recherchen herauszufinden, ist nahezu unmöglich. Außerdem bedeutet es nicht, dass wenn die Anlagen vorhanden sind, die Erkrankung auch immer ausbricht.

Für Züchter:innen ist die Aufdeckung von krankheitsverursachenden Anlagen wichtig, da die betreffenden Tiere nicht zur Zucht verwendet werden sollten. Für das betroffene Tier ist es aber meist bedeutungslos. Viele genetische Erkrankungen können nicht therapiert werden, außerdem gibt es keine Maßnahmen, die einen Ausbruch verhindern können. So werden Hunde, die eine Progressive Retinaatrophie ausbilden, früher oder später blind, und Tiere mit dem Lafora-Syndrom haben einen gestörten Stoffwechsel – es gibt nichts, was man dagegen tun kann. Es gibt nur wenige Ausnahmen, bei denen aufgrund des Testergebnisses Maßnahmen ergriffen werden können, um dem betroffenen Tier zu helfen. 

Tests zur Identifizierung der beteiligten Rassen gelten als Spielerei und unwissenschaftlich. Ihre Ergebnisse sind sehr unsicher und wirken oft wie zufällig ausgewählt.

Einige DNA Tests genauer erklärt

Rassetest

Die Idee ist simpel: Anhand einer DNA Probe kann festgestellt werden, welche Hunderassen sich im Mischling verbergen. Eine weitere Anwendung ist der Zweifel zur Zugehörigkeit einer Rasse, weil der Hund ganz anders aussieht als versprochen. Doch die Rassetests stehen in der Kritik. Denn die Genorte, die als Grundlage zur Identifizierung der verschiedenen Rassen dienen, sind nur unzureichend erforscht. Um diesen Test sicher zu machen, müssten bei der Entwicklung alle bestehenden reinrassigen Hundepopulationen beprobt und analysiert werden, bevor man Rückschlüsse auf Mischlinge ziehen kann. Da dies ein großer Aufwand und sehr teuer ist, ist nicht davon auszugehen, dass das Verfahren so durchgeführt wurde. Der Rassetest ist somit nicht wirklich als wissenschaftlich zu bewerten.

Hütehunde wie der Australian Shepherd sind häufig vom MDR1-Defekt betroffen.

Bild: dominikzweil | Pixabay

Multi-Drug-Resistance-Gen 1-Defekt (MDR1-Defekt)

Ist das MDR1-Gen defekt, reagieren betroffene Hunde empfindlicher auf manche Medikamente, da diese bei ihnen leichter die sogenannte Blut-Hirn-Schranke passieren können. Deshalb wirken sie stärker im Zentralnervensystem als bei anderen Tieren und können vorübergehen zu heftigen Nebenwirkungen wie Zittern, epileptischen Anfällen, Desorientiertheit, Blindheit und Erbrechen führen. Es betrifft vor allem einige Antiparasitika (Ivermectin), Säureblocker (Cimetidin, Ranitidin), Antibiotika (Erythromycin), Antimykotika (Ketoconazol, Itraconazol), Immunsuppressiva (Ciclosporin A), Opioide (Butorphanol, Fentanyl) und das Neuroleptikum Acepromazin.

Die Mutation tritt vor allem bei Hütehund- und Windhundrassen auf, beim Collie sind bis zu zwei Drittel der Tiere betroffen. Weiß man von dem Gendefekt, sollten betreffende Medikamente im Behandlungsfall durch besser verträgliche ersetzt werden. Der Test steht aber auch in der Kritik, weil er oft zu wenige Genorte untersucht und daher nur eine unsichere Aussage trifft. Da sowieso ein hoher Teil der Hüte- und Windhunde diese Probleme aufweist, kann man aber auch ohne Gentest einfach generell bei diesen Rassen und Rassemischlingen auf bestimmte Medikamente verzichten. Das Problem wurde auch von einigen Pharmafirmen erkannt: Sie haben speziell für Hütehunde gut verträgliche Antiparasitika auf den Markt gebracht.

Vor allem vom MDR1-Defekt betroffene Rassen:

  • Collie

  • Whippet

  • Australian Shepherd

  • Shetland Sheepdog (Sheltie)

  • Silken Windhound

  • Schäferhunde (Weißer Schweizer, Englischer, Deutscher)

  • Old English Sheepdog (Bobtail)

Dackel leiden häufig genetisch bedingt an einer Knorpel- und Verknöcherungsschwäche.

Bild: Gwen Arcana | Pexels

Chondrodysplasie (CDPA) und -dystrophie (CDDY)

Ein Beispiel für nützliche Gentests ist der Test auf Chondrodystrophie und -dystrophie. Betroffene Tiere haben eine veranlagte Knorpel- und Verknöcherungsschwäche und neigen besonders zu Bandscheibenvorfällen. Mit diesem Wissen kann man das Spielprogramm anpassen und Belastungssituationen für die Wirbelsäule wie Treppensteigen und Springen vermeiden. Vor allem kurzbeinige und kurzköpfige Hunderassen sind von diesem Defekt betroffen, der direkt mit dem Zuchtziel zusammenhängt, da betreffende Rassen „verformt“ sein sollen. Und dies kann nur bei einem weicheren Knochen- und Knorpelbau geschehen.

Vor allem von CDPA und CDDY betroffene Rassen:

  • Dackel

  • Bulldogge (Englische, Französische)

  • Corgi

  • Mops

  • Bassett

  • Pekinese

  • Shih Tzu

  • Beagle



Fazit

DNA Tests für Hunde sind im Trend, aber ihre Bewertung in vielen Fällen schwierig. Nützlich sind sie vor allem für Züchter:innen, um von Gendefekten betroffene Tiere nicht zu verpaaren. Um Erkrankungen zu diagnostizieren, sind sie allein ungeeignet, nur im Zusammenhang mit klinischen Untersuchungen und den Daten aus der Patientenakte können sie aussagekräftig werden. Vorsorglich können sie nur in wenigen Fällen helfen, da das Ausbrechen der veranlagten Erkrankung nicht beeinflussbar ist. Der MDR1-Defekt und die Chondrodystrophie sind zwei Beispiele, bei denen man mit dem Wissen um die Anlagen Maßnahmen ergreifen kann, um das Tier vor Folgeproblemen des Gendefektes zu schützen.


Das confidu-Magazin wird von unseren Tierärzt:innen nach aktuellem wissenschaftlichen Standard verfasst. Die Artikel ersetzen keine tierärztliche Diagnose, sondern sollen dir Erstinformationen zu vielen Themen rund um dein Tier liefern. Bei spezifischen Fragen zu deinem Tier, beraten unsere Tierärzt:innen dich gern über die confidu App.


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