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Scheinträchtigkeit der Hündin. Hast du dich schon einmal gefragt, warum sich deine Hündin nach der Läufigkeit plötzlich so merkwürdig verhält? Sie schleppt ihr Spielzeug herum, jammert vielleicht ein bisschen oder wirkt einfach unruhig? Dann könnte es sein, dass deine Fellnase eine Scheinträchtigkeit hat. Keine Panik, das ist gar nicht so selten und viele Hundebesitzer:innen kennen das Phänomen.
In diesem Artikel wollen wir gemeinsam Licht ins Dunkel bringen und dir alle wichtigen Informationen rund um die Scheinträchtigkeit deiner Hündin geben. Du erfährst, was genau dahintersteckt, ob es gefährlich ist und vor allem, wie du deiner treuen Begleiterin in dieser Zeit am besten helfen kannst.
Was bedeutet Scheinträchtigkeit?
Scheinträchtigkeit, auch Scheinschwangerschaft oder Pseudogravidität genannt, ist ein Zustand, der bei Hündinnen ca. 4-12 Wochen nach der Läufigkeit auftreten kann. Sie ist keine Krankheit, sondern eine natürliche hormonelle Reaktion, die ihren Ursprung in der Evolution hat. Bei scheinträchtigen Hündinnen werden im Körper Hormone ausgeschüttet, die auch bei einer echten Trächtigkeit produziert werden. Diese Hormone bewirken, dass die Hündin körperliche und psychische Symptome zeigt, die einer echten Trächtigkeit ähneln. Dazu gehören zum Beispiel das Anschwellen der Milchleisten, Unruhe, Nestbauverhalten und sogar die Annahme von Spielzeug als "Welpen". Es ist wichtig zu verstehen, dass die Hündin nicht wirklich trächtig ist, sondern dass ihr Körper ihr eine Schwangerschaft vorgaukelt.
Manche Hündinnen zeigen nach jeder Läufigkeit eine deutliche Scheinträchtigkeit, bei anderen Hündinnen sind die Symptome sehr schwach und werden von den Besitzer:innen nicht bemerkt. Wovon diese unterschiedliche Ausprägung der Symptome abhängt, ist noch nicht bekannt. In jedem Fall ist die Scheinträchtigkeit ein normaler Vorgang und muss nur bei ausgeprägten Symptomen behandelt werden.
Ist die Scheinschwangerschaft beim Hund gefährlich?
Nein, grundsätzlich ist die Scheinträchtigkeit beim Hund nicht gefährlich und stellt in der Regel keine unmittelbare Bedrohung für die Gesundheit der Hündin dar. Die meisten Hündinnen überstehen diese Phase ohne Komplikationen. Allerdings kann die Scheinträchtigkeit für deine Hündin sehr belastend sein, da sie durch die hormonelle Umstellung und die damit verbundenen Verhaltensänderungen unter Stress geraten kann. In einigen Fällen kann es auch zu körperlichen Problemen wie Milchproduktion oder sogar Milchdrüsenentzündungen kommen. Auch psychische Symptome wie Nestbauverhalten oder Aggressivität können den Alltag sehr einschränken. Es ist daher wichtig, die Hündin während einer Scheinträchtigkeit gut zu beobachten und gegebenenfalls tierärztlichen Rat einzuholen, um mögliche Komplikationen frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Bei regelmäßig auftretenden Scheinträchtigkeiten mit ausgeprägten Symptomen raten wir dir zu einer Kastration.
Scheinträchtige Hündinnen verhalten sich wie Hündinnen mit frisch geborenen Welpen.
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Wieso wird meine Hündin scheinträchtig?
Die Ursache der Scheinträchtigkeit liegt in der hormonellen Steuerung des weiblichen Zyklus der Hündin. Nach der Läufigkeit, unabhängig davon, ob eine Befruchtung stattgefunden hat oder nicht, steigt der Progesteronspiegel im Blut an. Sinkt der Progesteronspiegel wieder, kommt es zu einem Anstieg des Hormons Prolaktin. Prolaktin ist unter anderem für die Milchproduktion verantwortlich und wird auch bei echter Trächtigkeit ausgeschüttet. Bei scheinträchtigen Hündinnen kommt es nun zu einer Überreaktion des Körpers auf das Prolaktin, obwohl keine Welpen heranwachsen. Diese übermäßige Hormonproduktion löst die typischen Symptome der Scheinträchtigkeit aus. Es handelt sich sozusagen um ein in den Genen verankertes "Programm", das dafür sorgen soll, dass die Hündin auch ohne Welpen als "Amme" in einem Rudel zur Verfügung steht.
Kann ein Hund scheinträchtig werden ohne Läufigkeit?
Das ist eine wichtige Frage und die Antwort lautet: Eher unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen. Normalerweise tritt eine Scheinträchtigkeit immer nach einer Läufigkeit auf, da die hormonellen Veränderungen, die sie auslösen, an den Zyklus gebunden sind. Es gibt jedoch sehr seltene Fälle, in denen eine Hündin auch ohne vorherige Läufigkeit Anzeichen einer Scheinträchtigkeit zeigen kann. Dies kann z.B. durch hormonelle Störungen oder andere Faktoren begünstigt werden. In solchen Fällen ist es jedoch ratsam, eine Tierarztpraxis aufzusuchen, um andere Erkrankungen auszuschließen und die genaue Ursache abzuklären. Im Allgemeinen ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hündin ohne vorherige Läufigkeit scheinträchtig wird, jedoch sehr gering.
Wann beginnt die Scheinschwangerschaft beim Hund?
Die Scheinträchtigkeit tritt in der Regel etwa vier bis neun Wochen nach der Läufigkeit auf. Dieser Zeitraum kann von Hündin zu Hündin etwas variieren. Die hormonellen Veränderungen, die die Scheinträchtigkeit auslösen, setzen nicht unmittelbar nach der Läufigkeit ein, sondern erst, wenn der Körper der Hündin wieder in eine Art "Ruhephase" übergeht. Auch die Dauer der Scheinträchtigkeit kann von Hund zu Hund unterschiedlich sein und liegt meist zwischen einigen Tagen und mehreren Wochen. Im Durchschnitt dauert eine Scheinträchtigkeit etwa zwei bis drei Wochen. Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten und auch nicht jede Hündin die gleichen Anzeichen zeigt.
Hündin (links) mit geschwollenem Gesäuge
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Wie sieht eine Scheinträchtigkeit aus?
Die Symptome einer Scheinträchtigkeit können sehr vielfältig und von Hündin zu Hündin unterschiedlich sein. Manche Hündinnen zeigen nur leichte Verhaltensänderungen, während andere unter starken Beschwerden leiden.
Die häufigsten Symptome sind Unruhe, vermehrtes Hecheln, Nestbauverhalten (z.B. Scharren in Decken), Herumtragen von Spielzeug, Appetitlosigkeit oder Futterneid, Anschwellen der Milchleisten, Milchproduktion, gesteigertes Schlafbedürfnis oder auch Aggressivität gegenüber anderen Hunden oder Menschen. Manche Hündinnen wirken anhänglich und suchen vermehrt die Nähe ihrer Besitzer:innen. Es ist wichtig, die Hündin genau zu beobachten und auf Veränderungen im Verhalten oder im körperlichen Zustand zu achten. Die Symptome können unbehandelt zwei bis drei Wochen anhalten.
Was tun, wenn der Hund scheinträchtig ist?
Zuerst einmal: Ruhe bewahren! Es ist völlig normal, dass deine Hündin scheinträchtig ist. Gib ihr viel Aufmerksamkeit und Liebe, aber vermeide es, sie zu sehr in ihrem Verhalten zu bestärken. Lenke sie durch Spaziergänge und Spiele ab und schaffe ihr einen ruhigen Rückzugsort. Beobachte genau, ob sich die Symptome verschlimmern oder neue hinzukommen. Wenn du dir Sorgen machst, zögere nicht, deine:n Tierärzt:in um Rat zu fragen. Er/sie kann dir helfen, die Situation besser einzuschätzen und dich im Umgang mit deiner Hündin unterstützen. Wichtig ist, dass du deiner Hündin in dieser Zeit zur Seite stehst und sie nicht alleine lässt.
Wie wird eine Scheinträchtigkeit diagnostiziert?
Die Diagnose einer Scheinträchtigkeit erfolgt in der Regel durch eine ausführliche Anamnese (Befragung durch den/die Tierärzt:in) und eine klinische Untersuchung. Dein:e Tierärzt:in wird dich nach dem Zeitpunkt der letzten Läufigkeit, den Symptomen und dem allgemeinen Verhalten deiner Hündin fragen. Bei der körperlichen Untersuchung achtet er/sie besonders auf das Gesäuge und prüft, ob es Anzeichen für eine Milchproduktion oder eine Entzündung gibt.
In den meisten Fällen ist keine weitere Diagnostik notwendig, da die Symptome meist eindeutig sind. In seltenen Fällen, wenn die Symptome sehr untypisch sind oder der Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, können Blutuntersuchungen oder Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden, um andere Ursachen auszuschließen.
Spaziergänge tun einer scheinträchtigen Hündin gut.
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Wie kann ich eine Scheinträchtigkeit behandeln?
Eine Behandlung der Scheinträchtigkeit ist in den meisten Fällen nicht notwendig, da sie sich meist von selbst zurückbildet. Es gibt jedoch einige Dinge, die du tun kannst, um deiner Hündin in dieser Zeit zu helfen und die Symptome zu lindern.
Bei leichten Symptomen reicht es aus, Spielzeug zu entfernen und die Hündin so oft wie möglich abzulenken, z.B. durch Spaziergänge. Das Gesäuge darf nicht stimuliert werden, d.h. das Einreiben mit Salben und das Melken sind verboten! Am besten fasst du das Gesäuge gar nicht an. Es gibt auch einige Hausmittel, die deiner Hündin helfen und verhindern können, dass sich stärkere Symptome entwickeln. Mehr dazu findest du im Artikel Scheinträchtigkeit und Hausmittel - was hilft?
Zunächst solltest du Stress vermeiden und deiner Hündin viel Ruhe und Sicherheit bieten. Unterdrücke sie nicht in ihrem Nestbauverhalten, lass sie ihr Spielzeug tragen, wenn sie es möchte. Versuche, sie von ihrem Welpenspielzeug abzulenken, indem du sie mit anderen Spielen oder Spaziergängen beschäftigst. Es kann auch helfen, die Futtermenge etwas zu reduzieren und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten.
In manchen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung mit Prolaktinhemmern wie Galastop notwendig sein, z.B. bei Symptomen wie einem stark geschwollenen Gesäuge und ausgeprägten Verhaltensstörungen wie Aggressivität. Diese Medikamente müssen mindestens 5 Tage, auf jeden Fall aber 2 Tage über die Symptome hinaus gegeben werden. Kann eine Trächtigkeit nicht ausgeschlossen werden, darf keine medikamentöse Behandlung erfolgen.
Wann muss man bei der Scheinträchtigkeit zum Tierarzt?
Auch wenn die Scheinträchtigkeit in den meisten Fällen harmlos ist, gibt es Situationen, in denen du unbedingt eine:n Tierärzt:in konsultieren solltest. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn deine Hündin sehr unter den Symptomen leidet, Futter und Wasser verweigert oder eine deutliche Gesäugeentzündung (schmerzhafte, gerötete und warme Milchleisten) entwickelt. Auch bei untypischen Symptomen oder wenn du dir nicht sicher bist, solltest du deine Tierarztpraxis aufsuchen. Dort kannst du dich beraten lassen, ob eine medikamentöse Behandlung notwendig ist oder ob es andere mögliche Ursachen für die Beschwerden deiner Hündin gibt.
Kann ich die Entwicklung einer Scheinträchtigkeit verhindern?
Die einzige sichere Methode, eine Scheinträchtigkeit zu verhindern, ist die Kastration deiner Hündin. Bei der Kastration werden die Eierstöcke entfernt, wodurch die Produktion der Hormone, die für die Scheinträchtigkeit verantwortlich sind, gestoppt wird. Eine Kastration während der Scheinträchtigkeit ist jedoch nicht ratsam, da die Hündin dann über einen sehr langen Zeitraum Symptome einer Scheinträchtigkeit zeigen kann. Der beste Zeitpunkt für eine Kastration ist 3 Monate nach der Läufigkeit.
Wenn du nicht züchten möchtest, ist die Kastration eine gute Möglichkeit, deiner Hündin viele Unannehmlichkeiten und mögliche Komplikationen zu ersparen. Wenn du dich gegen eine Kastration entscheidest, musst du damit rechnen, dass deine Hündin immer wieder scheinträchtig wird. Es gibt keine andere Möglichkeit, die Scheinträchtigkeit sicher zu verhindern, da es sich um einen natürlichen hormonellen Vorgang handelt.
Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes bei einer Hündin.
Bild: thirawatana phaisalratana | Shutterstock
Meine Hündin ist kastriert – aber trotzdem scheinträchtig!?
Das ist in der Tat ein seltenes, aber nicht unmögliches Phänomen. Manchmal kann es vorkommen, dass eine Hündin auch nach der Kastration noch Symptome einer Scheinträchtigkeit zeigt. Dies kann verschiedene Ursachen haben: Entweder wurden bei der Kastration nicht alle Eierstockreste entfernt oder es liegt eine zusätzliche hormonelle Störung vor. In solchen Fällen ist es wichtig, eine Tierarztpraxis aufzusuchen, um die genaue Ursache abzuklären und gegebenenfalls eine Behandlung einzuleiten.
Fazit
Die Scheinträchtigkeit ist eine normale hormonelle Reaktion der Hündin, die oft mit unangenehmen Symptomen einhergeht. Es ist wichtig, die Anzeichen zu erkennen und die Hündin in dieser Phase liebevoll zu unterstützen. In den meisten Fällen ist eine Behandlung nicht notwendig, bei starken Beschwerden oder Komplikationen sollte jedoch unbedingt eine Tierarztpraxis aufgesucht werden. Die Kastration ist die einzige sichere Methode, um eine Scheinträchtigkeit zu verhindern.
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