Vitamin B3 (Niacin)
Niacin, auch Nikotinsäure oder Vitamin B3 genannt, gehört zur Gruppe der wasserlöslichen B-Vitamine. Ein Teil davon wird von der Darmflora synthetisiert und kann dann resorbiert werden. Da sie jedoch kaum im Körper gespeichert werden, muss eine kontinuierliche Zufuhr über die Nahrung erfolgen (mit Ausnahme von Vitamin B12). Aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit können überschüssige B-Vitamine problemlos über die Nieren ausgeschieden werden.
Der Tagesbedarf an Niacin wird für ausgewachsene Hunde auf etwa 250 µg pro kg Körpergewicht geschätzt. Der tatsächliche Bedarf hängt jedoch von der Niacinproduktion der Darmflora sowie vom Wachstums- und Fortpflanzungsstadium des Tieres ab. Der Körper kann Niacin aus der Aminosäure Tryptophan herstellen. Werden daher hochwertige Proteine mit ausreichendem Tryptophan-Gehalt (z.B. Milch und Milchprodukte verschiedener Tierarten) verfüttert, sinkt der Bedarf deutlich. Somit kann ein Niacinmangel durch eine tryptophanreiche Fütterung ausgeglichen werden. Umgekehrt steigt der Niacinbedarf bei gleichzeitigem Tryptophan- und Niacinmangel.
Niacin ist im Vergleich zu anderen B-Vitaminen unempfindlicher gegenüber Hitze, Licht und Sauerstoff. Bei der Verarbeitung von Handelsfuttermitteln kann gebundenes Vitamin B3 freigesetzt und damit die Verfügbarkeit deutlich erhöht werden.
Die Funktion vieler Enzyme des Stoffwechsels ist von B-Vitaminen abhängig. Niacin wird für zahlreiche energiefreisetzende Reaktionen bei der Verarbeitung von Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten benötigt. Es ist wichtig für die Funktion der Zellen und die Energieversorgung des gesamten Organismus.
Eine Unterversorgung kommt in der tierärztlichen Praxis eher selten vor. Bei einseitiger Verfütterung von niacin- und tryptophanarmen Futtermitteln (z.B. Mais und andere Getreidearten) können jedoch Mangelerscheinungen auftreten. Diese können durch eine tryptophanreiche Ernährung (z.B. Milch und Milchprodukte verschiedener Tierarten) zumindest teilweise ausgeglichen werden.
Symptome einer Unterversorgung können Appetitlosigkeit, neurologische Ausfallerscheinungen und Entwicklungsstörungen bei heranwachsenden Hunden sein. Es kommt zu entzündlichen Veränderungen und Rissen der Haut, der Lippeninnenseite sowie der Rachen-, Zungen- und Darmschleimhaut. Letzteres führt zu einer gestörten Wasser- und Mineralstoffaufnahme, Durchfall und Leberverfettung. Wegen der dunklen Verfärbung der Zunge ist diese Mangelerkrankung auch als „black tongue“ bekannt.
Niacin hat nur ein geringes Vergiftungspotential und kann in der Regel nicht überdosiert werden. Nach Aufnahme größerer Mengen kann es zu Durchfall, blutigem Stuhl, Krämpfen und Todesfällen kommen. Als Folge einer Überversorgung kommt es auch zu einer Senkung des Cholesterinspiegels im Blut.
Vitamin B3 ist hauptsächlich in tierischen Nebenprodukten einschließlich Fisch enthalten und kann von Hunden gut verwertet werden.
Im Gegensatz zu tierischen Futtermitteln und Hefen liegt der größte Teil des Niacins in Getreidekörnern (v.a. Mais), Getreideprodukten und Ölsaaten in gebundener, d.h. für das Tier schwer verfügbarer Form vor. Die Tatsache, dass bei diesen Futtermitteln die theoretisch enthaltenen Mengen nicht den dem Tier tatsächlich zur Verfügung stehenden Mengen entsprechen, ist vor allem bei der tierärztlichen Rationsberechnung und bei der Zusammenstellung von selbst zubereiteten Futtermitteln zu berücksichtigen.
Zuchttiere, heranwachsende Hunde und Saugwelpen (ca. 6. bis 8. Lebenswoche) haben aufgrund ihres erhöhten Stoffwechsels einen um ca. das 3- bis 4-fache erhöhten Niacinbedarf.